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Phranc Teil 1 : 2
3.7.96  
 

Bevor wir sie Phranc nennen dürfen, mit PH am Anfang und einem C am Schluß, nennen wir sie Susie Gottlieb und lassen sie um 1960 in Los Angeles zur Welt kommen. Mit fünf darf sie Klavier, dann Geige lernen, mit zehn Gitarre. Mitte der siebziger Jahre lassen wir sie von zu Hause ausziehen, weil "ich mit 17 dort nicht lesbisch sein durfte" und in die feministischen und lesbischen Zirkel Kaliforniens eintauchen. Sie klampft in der Frauenszene, das kann so schlecht nicht gewesen sein, denn ihre Fassung des Dylan-Stücks THE LONESOME DEATH OF HATTIE CARROLL ist aller Ehren wert.
     Die damalige Lesben-Szene scheint Susie Gottlieb nicht gefallen zu haben; die wenigsten waren so jung wie sie. Nach der Mitarbeit an mehreren Lesben-Zeitschriften zieht Susie nach San Francisco und entdeckt Punkrock. "Vorher war ich total separatistisch, und plötzlich trat ich wieder in die große Welt ein, mit allen möglichen Leuten, auch Männern. Ich fand das sehr aufregend, weil ich mich eher mit Leuten in meinem Alter identifizierte, die wütend und begeistert und politisch und kreativ waren." Zurück in Los Angeles spielt Susie Gottlieb, die sich inzwischen Phranc nennt, bei den Hardcore-Gruppen Nervous Gender und Catholic Discipline Gitarre, was sich 1980 eher unbeholfen angehört hat...
     Anfang der achtziger Jahre findet Phranc wieder zur akustischen Gitarre zurück und schreibt mit TAKE OFF YOUR SWASTIKAS einen an die Sex Pistols angelehnten Folksong, der sich bei aller Correctness nicht peinlich anhört. Schließlich hat sie Recht, wenn sie als "jewish-lesbian folksinger" reimt: "Wenn Ihr damals in die Öfen gewandert wärt, würdet ihr ein Hakenkreuz auch nicht cool finden."
     Phranc: klein und sehr sportlich, von 1982 bis 1984 in einem Schwimmteam, danach Schwimmlehrerin. Flat-Top Frisur, karierte Hemden oder Rollkragenpullover, Röhrenjeans, Springer- oder Cowboystiefel. Auf dem Cover ihrer ersten Solo-LP FOLKSINGER von 1985 ähnelt sie einem Andreas Dorau auf Nashville-Urlaub, 1989 einem jungen Freddie Quinn. Ihre sexuelle Präferenz ist Thema, aber nicht DAS Thema ihrer Songs; ihre musikalischen Vorbilder dürften mit Bob Dylan, Jonathan Richman und The Knitters ziemlich exakt getroffen sein; und daß sie das Talent hat, in witzigen Formulierungen kleine Nägel auf kleine Köpfe zu treffen, entschuldigt das Tracy-Chapman-hafte Getue bei den "ernsten" Anliegen wie Apartheid.

THE LONESOME DEATH OF HATTIE CARROLL

 

 

 

 

Catholic Discipline
UNDERGROUND BABYLON

 

 

TAKE OFF YOUR SWASTIKAS

 

 

 

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