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Es ist 1977 und in der Zeitung steht, daß ein wahrer Punk sein
Instrument erst auf der Bühne zu beherrschen lernt. Alles Lüge,
wie wir wissen: Die bösen Buben von Clash, Buzzcocks oder Sex Pistols
haben alle schon heimlich geübt, bevor sie sich in den Spucke-Regen
wagten. Wer nicht geübt hat, sind ein paar Mädchen, die mit diesen
Gruppen befreundet sind und selbst loslegen wollen: Kate Kaos, Suzy
Gutz, die Spanierin Palmolive, die Münchner Verlegertochter Arianna
Forster, kaum 14 damals. Man nennt sich The Slits, und im März 1977
dürfen sie als Vorgruppe der Clash durch Britannien reisen und 1978
im Derek-Jarman-Film JUBILEE durch die Straßen Londons geistern,
aber während um sie herum alles unter Vertrag genommen wird, was
eine Sicherheitsnadel aufmachen kann, bleiben die vier Mädels seltsamerweise
unbeachtet. Erst zwei Jahre und zwei Peel-Sessions und zwei neue
Mitmusikerinnen später kommt die große Stunde der Slits.
Es bedurfte erst des Gerüchts, man
stehe jetzt mit Malcolm Mclaren in Verbindung, damit Ari Up, wie
sich Arianna jetzt nannte, Palmolive und die beiden Neuen, Tessa
Pollitt und Viv Albertine von den Flowers of Romance bei Island
einen Vertrag bekamen und mit Dennis Bovell als Produzenten ins
Studio gehen durften. Bovell hatte bereits der Pop Group gleichermaßen
zu Form und Chaos verholfen, und dies unternahm er jetzt auch mit
den Dreadlock-schwingenden Mädels, deren Liebe zu Dub, Funk und
politischen Themen er in immerhin dermaßen popkompatible Strukturen
einpassen konnte, daß es für eine mittlere Hitparaden-Notierung
reichte.
Während der Aufnahmen zum Debüt-Album
CUT verließ Palmolive die Slits, um sich den Raincoats anzuschließen.
Ein Lexikon vermutet, Palmolive habe mit den vertrackteren Rhythmen
nicht mehr mithalten können; sie selbst bezeichnete die Slits als
"zu kommerziell". Die vakante Trommler-Stelle wurde erst durch Budgie
besetzt, der später mit Siouxie & the Banshees zu Ruhm und Ehren
kommen sollte, später dann mit Bruce Smith von der Pop Group, die
sich neben dem Drummer auch das Y-Label und eine Single mit den
Slits teilten.
Neben den kinky Songs, dem weiblichen
Blick auf die Dinge, dem teutonischen Akzent von Ari Up und dem
zeitgemäßen Bekenntnis britischer Gruppen zu Reggae war es vor allem
das Cover von CUT, das jedem Slits-Freund von 1979 in Erinnerung
bleiben wird: Es zeigt die drei Musikerinnen nackt, nur mit einem
Lendenschurz gegürtet, den Körper mit Lehm beschmiert, vor einer
weißen, mit Rosen bewachsenen Wand, umgeben von einem fast violetten
Rahmen. Diese Mischung aus Stammes-Styling, wie es später Adam Ant
und Bow Wow Wow aufnahmen und entschärften, Sex, Romantik und Selbstbewußtsein
traf mitten ins Herz, und macht auch heute noch wett, was die legendäre
Platte der Zeit hat an Tribut zollen müssen.
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