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Doug Yule  
Nachtmix 11.2.02  
 

Oh Sweet Nothing - Doug Yule, Rockstar ohne Karriere.
      27. Mai 1973: der arbeitslose Sänger und Gitarrist Doug Yule spielt zusammen mit seinem Bruder Billy und zwei Typen aus der Nachbarschaft am Wochenende in Bars in Massachussets. Manchmal schreiben die Veranstalter Velvet Underground aufs Plakat und das ist Doug Yule ein wenig peinlich. Es sollte nie wieder vorkommen.
     Oktober 1968: Es klingelt das Telefon in Boston bei Doug Yule. Dran ist Steve Sesnick, zuständig für alles Böse im Velvet-Underground-Mythos und Manager der Band. Sesnick kennt Yule, weil die Velvets manchmal in dessen Wohngemeinschaft übernachten, wenn sie sich in Boston kein Hotel leisten können. Mit Sterling Morrison verbindet Doug Yule eine Gitarristenfreundschaft. Ob er Bass spielen will bei Velvet Underground? Eigentlich nicht so richtig gern: Andy Warhol hat sich verabschiedet, die zweite Platte läuft auch nicht besonders, außerdem sei er Gitarrist und Sänger, aber dann doch, was soll's, die eigene Gruppe The Grass Menagerie hat noch nicht mal eine Single draußen, und so kommt es, dass Doug Yule auf dem ersten Stück auf der A-Seite der dritten VU-LP gleich als Lead-Sänger debütieren darf. Fängt doch nicht schlecht an, die Chose...
      Doug Yule singt also, er spielt Bass und elektrische Orgel und wird von Lou auf der Bühne als "Mein Bruder Doug" vorgestellt...
     Während Velvet Underground 1969 immer wieder ins Studio gehen, um eine vierte LP für MGM aufzunehmen, ist die Plattenfirma der unkommerziellen Junkie-Combo aus New York müde, deren Songs nie im Radio laufen und die selbst in ihrer Heimat New York nur schwer einen Job kriegt. Die letzten MGM-Aufnahmen kommen in den Giftschrank und erst 1985 als "VU - A Collection of Previously Unreleased Recordings" auf den Markt.
     Doug Yule spielt den Bass sehr melodieorientiert, aber dennoch recht knackig. Während Mo schwanger ist und Sterling wieder mehr an Anglistik interessiert, wächst Doug immer stärker in die Rolle des kleinen Reed-Bruders und des Ratgebers hinein. Lou holt sich bei Doug musikalische und technische Tipps; die Haare und die Stimme werden immer ähnlicher. Auf der vierten Platte LOADED, die 1970 bei Atlantic erscheint und endlich beweisen soll, dass die Gruppe auch Hits haben kann, darf Doug auf zwei Stücken den führenden Gesangspart übernehmen, und man muss schon extrem gut Bescheid wissen, um die beiden Lead-Sänger auseinanderhalten zu können.
     23. August 1970: Brigid Polk nimmt mit einem Mono-Cassettenrekorder zufällig die letzte Velvet-Underground-Performance mit Lou Reed auf. Sie wird zwei Jahre später das Tape für 10.000 Dollar an Atlantic Records verkaufen, die das Bootleg als LIVE AT MAX'S KANSAS CITY veröffentlichen und damit quasi legalisieren. Neben Sterling Morrison, Lou Reed, Doug Yule trommelt Dougs jüngerer Bruder Billy.
     Da Lou Reed die Gruppe verlassen hat, wird die gerade fertig gestellte LOADED von Manager Sesnick nochmals überarbeitet und die Legende von der geschändeten vierten Platte nimmt ihren Lauf, die erst 1997 mit der Doppel-CD FULLY LOADED aus der Welt geschafft wird, auf der alle Outtakes und Mixvarianten enthalten sind, die die Archive hergeben. LOADED bleibt trotzdem ein großartiges Durcheinander: So spielten insgesamt vier Schlagzeuger auf der Platte, aber niemals Mo Tucker, die zu Zeiten der Aufnahmen hochschwanger war. Dafür sieht man sie auf den Bandfotos zu LOADED neben Doug Yule, Willie Alexander und Walter Powers, während unter dem Bild die Namen von Lou Reed und Sterling Morrison stehen, Reed erst an dritter Stelle der Besetzungsliste aufgeführt, alle wichtigen Instrumente bei Doug Yule.
     Egal, die Platte kommt nicht einmal in die Top Hundred. Manager Sesnick hört nicht auf, die Velvet-Kuh zu melken. Er lässt die eher konfliktscheuen Mo und Sterling hinter Doug Yule weiterspielen; als neuer Bassist wird Walter Powers geholt. Alle tun so, als hätte der Fortgang des Gruppengründers und wichtigsten Songschreibers keine größere Bedeutung; die Gruppe geht angeblich sogar nochmals ins Studio, um Aufnahmen einer fünften LP vorzubereiten. Sterling steigt schließlich doch aus; Manager Sesnick holt Willie Alexander aus Boston und schließt Verträge über Tourneen ab, die erfüllt werden müssen. Statt Lou Reed wartet Doug Yule auf den Mann.
     Wenn die Gruppe nicht tourt, ist sie eigentlich aufgelöst, aber Sesnick schickt sie immer wieder los als The Velvet Underground, anders würde sie niemand hören wollen. Zwischendurch arbeitet Doug Yule als Zimmerer am Bau, dann heißt es: Back to Europe. In England spielen sie in Unis, in Holland nehmen sie einen Preis fürs Gesamtwerk entgegen und 1972 schickt Sesnick Doug Yule allein mit Deep-Purple-Schlagzeuger Ian Paice in ein englisches Studio, um SQUEEZE aufzunehmen, die fünfte und letzte Studioplatte unter dem Markenzeichen Velvet Underground. Mit Mo war das letzte Mitglied der ursprünglichen Formation damit auch aus dem Rennen. Doug Yule schämte sich offenbar so sehr für SQUEEZE, dass er Songs aus dieser Platte bei Live-Konzerten als "Lieder von meiner LP, die hier nicht veröffentlicht worden ist"ankündigte. Halbwegs objektiv gehört sind die Velvet-Underground-Bootlegs der Doug-Yule-Zeit musikalisch irgendwo zwischen Rolling-Stones-Cover-Band und Grateful-Dead-Jam zu verorten, ein Platz, wo die Originalmitglieder niemals hingewollt hätten.
     1973 fand die letzte nach Velvet Underground benannte Mini-Tournee statt. Kurz danach fand sich Doug Yule wieder im Lou-Reed-Umfeld, der ihn mit auf Tour nahm und auf einem Song der LP SALLY CAN'T DANCE Bass spielen ließ.
     Mitte der 70er Jahre war Doug Yule Mitglied von American Flyer, einer Band aus zukurzgekommenen Popstars, die auf verstümmelte Karrieren bei Blood, Sweat & Tears, bei Blues Magoos und Pure Prairie League zurück blicken mussten. Nach zwei Alben, die es im Gegensatz zu LOADED wenigstens in die Charts schafften, zog Doug Yule an die Westküste, wo er wieder im holzverarbeitetenden Gewerbe tätig ist, ein wenig in Bands herumspielt und seine Kinder großzieht. Bei der Aufnahme Velvet Undergrounds in die Rock'n'Roll Hall of Fame wurde Doug Yules Name nicht genannt. Bei der Velvet-Underground-Reunion 1993 wurde er nicht einmal gefragt, ob er dabei sein möchte. Er hätte eh keine Zeit gehabt, sagt Doug Yule zwei Jahre später in einem langen Interview mit Pat Thomas, aber fragen hätten sie ihn können, schließlich spiele er auf mehr Platten mit als John Cale. Was unterm Strich irgendwie nicht zählt.
     Das war ein Porträt des Rockstars ohne Karriere: Doug Yule.

Velvet Underground
WHITE LIGHT/WHITE HEAT

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WE'RE GONNA HAVE

 

 

 

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