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My name is Johnny Ace. So beginnt eines der besten Gedichte
Amiri Barakas. Und mit dem Namen Johnny Ace beginnt auch die Liste
der Toten im Lande Pop, beginnt die Geschichte der postumen Erfolge
und Leichenfleddereien.
Am 9. Juni 1929 wird in Memphis John
Marshall Alexander Jr. als eines von neun Kindern eines schwarzen
Predigers geboren. John lernt Klavier spielen, geht zur Highschool
und anschließend, gegen Ende des 2. Weltkriegs, zur Navy. Allerdings
sieht er nie ein Kriegsschiff: Als seine Ausbildung in Virginia zu
Ende ist, ist auch der Krieg vorbei. Statt Japaner zu jagen, heiratet
John Alexander und zeugt zwei Kinder. Ab 1947 spielt er Klavier in
den Bars von Memphis, 1949 schließt er sich Adolph Duncans Band Beale
Street Blues Boys an, in der B.B. King Gitarre spielt und Bobby "Blue"
Bland singt. Beide sind von künftigem Ruhm noch weit entfernt; ein
Pop-Historiker schreibt gar, ein Job bei den Beale Street Blues Boys
sei damals so ziemlich das mieseste gewesen, was man kriegen konnte.
Doch die Combo beißt sich durch: 1951 hat sie einen guten Ruf. B.B.
King beginnt seine Karriere als Gitarrenheld. Bobby Bland nimmt erste
Singles für Sam Phillips auf, wird dann allerdings zum Militär eingezogen.
John Marshall Alexander ist als Pianist oft mit in den Studios. Als
Bobby Bland bei einer Session für das vom Discjockey James Mattis
gegründete Duke Label eine Ballade nicht richtig singen kann, wird
John vors Mikro geholt: "Was für eine Stimme", denken sich alle. Und
die erste Aufnahme eines völlig unbekannten Sängers - MY SONG - auf
einem völlig unbekannten Label wird die Nummer 1 der R&B Charts, hängt
selbst eine schnell nachgeschobene Cover-Version von Dinah Washington
ab. Das versteht heute noch keiner...
Um den angesehenen und gottesfürchtigen
Vater zu schonen, bekommt John Marshall Alexander einen neuen Namen.
Mattis wählt für ihn Johnny nach Johnnie Ray und Ace nach den Four
Aces. Der kommerzielle Erfolg von Johnny Ace, der nach MY SONG mit
CROSS MY HEART gleich wieder eine Nummer 1 hat, bringt Mattis allerdings
kein Glück. Er gerät in jene Zwickmühle, die zu allen Zeiten kleinen
Labels das Genick gebrochen hat: Zehntausende Bestellungen treffen
ein, Zehntausende Platten werden gepreßt und ausgeliefert, Zehntausende
Platten werden spät oder gar nicht bezahlt, weil die offenen Rechnungen
der großen Firmen zuerst beglichen werden, während die Preßwerke mit
ihren Forderungen speziell bei kleinen Companys nicht warten wollen.
Mattis muß sich einen finanzkräftigen Partner suchen und findet Don
Robey in Houston, Eigner des Peacock Labels und einer Konzertagentur,
Karikatur eines Black Jew, eines "schwarzen Juden", berüchtigt, gefürchtet,
auch diesmal ohne Skrupel: Als THE CLOCK, die dritte Nummer-1-Single
von Johnny Ace erschien, gehört dieser mit Haut und Haar dem Geschäftemacher
Robey, der noch heute von seinen Anwälten gegen jede konkrete Anschuldigung
geschützt wird. |
HOW CAN YOU BE SO MEAN
MY SONG
THE CLOCK
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