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Du hast mit ziemlicher Sicherheit eine Platte zu Hause, auf der
er Gitarre spielt. Und mit ziemlicher Sicherheit hast du seinen
Namen trotzdem noch nie gehört: Eddie Hinton.
Manchmal genügt sich Mühe geben alleine
doch nicht: Um mehr über Eddie Hinton herauszufinden, als hier zu
lesen ist, hätte es schon eines kleinen Wunders bedurft. Zu peripher
scheint die Leistung dieses Mannes von Popgeschichtsschreibern und
Enzyklopädisten eingeschätzt worden zu sein, zu unzugänglich und
zu schwierig und zu krank war der Man himself, glaubt man einem
Kollegen und Hinton-Fan wie Robert Gordon, der einige Zeit auf einem
verdreckten Motel-Bett neben Hinton gesessen ist, wie gelähmt, scheint
es, von dem verwirrten und verwirrenden Zustand dieses Musikers,
für dessen viertes Album VERY BLUE HIGHWAY er die liner notes schreiben
sollte. Nein, niemand weiß viel zu sagen über Eddie Hinton, höchstens,
daß er allein war, krank, ein Genie, zu Zeiten ein Wilder. Und ich
möchte hinzufügen: auf mindestens einer seiner Platten der fleischgeworden
perfekte Rhythmusgitarrengott auf sechs Saiten. Andere nennen ihn
noch "den weißen Otis Redding", den "Mann der 1000 Schreie", den
"letzten der weißen Soul-Sänger" oder den "Mystery Man".
Eddie Hinton wurde am 15. Juni 1944
in Tuscaloosa, Arizona, geboren. Anfang der sechziger Jahre finden
wir ihn zusammen mit Duane Allman in einer Band namens The 5 Men-Its.
Geld verdient wird allerdings im Studio: Hinton und Allman bildeten
zusammen mit Jimmy Johnson, Roger Hawkins und Tommy Cogbill die
Studio-Crew des Fame-Studios in Muscle Shoals, Alabama. Man veredelte
dort die Aufnahmen von Arthur Alexander, Joe Tex, Wilson Pickett,
Aretha Franklin, Etta James oder Irma Thomas, bis sich gegen Ende
der sechziger Jahre Duane Allman zu den Allman Brothers verabschiedete
und Eddie als Leadsänger mitnehmen wollte. Doch Eddie Hinton zog
die vermeintliche Sicherheit der Studioarbeit vor und wechselte
mit den verbleibenden Fame-Leuten zum Muscle Shoals Sound Studio,
wo die Legende vom multirassischen Supersoul weitergepflegt wurde.
In den heute noch mit Ehrfurcht genannten Muscle Shoals Sound Studios
suchten und fanden Menschen den perfekten Soul-Teppich, mit dem
die eigene Karriere wieder aufgemöbelt werden sollte, Leute wie
Cher, Elvis Presley, Ronnie Hawkins, Boz Scaggs oder Dusty Springfield,
bis hin zu Menschen, die Soul ohnehin drauf hatten wie Solomon Burke,
die Staples Singers, Wilson Pickett oder Otis Rush. Einige der zurecht
legendären Sessionmusiker halfen Eddie Hinton auch auf seinen ersten
beiden Solo-LPs, deren erste, VERY EXTREMELY DANGEROUS allerdings
erst 1978 erschien, gefolgt von der 86er LETTERS FROM MISSISSIPPI...
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IT'S ALL RIGHT
SAD AND LONESOME
LETTERS FROM MISSISSIPPI
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