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Als 1975 das Debüt-Album der McGarrigle-Schwestern Kate und Anna
erschien, hatten die Kritiker around the world zwei neue Lieblinge
gefunden: im Melody Maker, in Stereo Review und New York Times wurde
die selbstbetitelte Platte zum "Album des Jahres" ausgerufen; in
der deutschen Rocksession konnten sich zwei so unterschiedliche
Schreiber wie Franz Schöler und Simon Frith auf die McGarrigle-Schwestern
als kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen. Verblüffend war die
Sprachlosigkeit, die diese Platte auslöste: sie wurde durchweg nur
als "wunderschön" bezeichnet, aus. Rückblickend mag man daraus schließen,
wie desolat die Rockmusik vor der Ankunft von Punk gewesen sein
muß, wenn ein zwar überdurchschnittliches, aber selbst für 1975
eher altmodisches Folkalbum solch ein Echo auslösen konnte. Ein
Echo übrigens, das in den Läden nicht widerhallte, denn das McGarrigle-Debüt
schaffte es nicht einmal in die Billboard-Top-Hundred. Und seltsamerweise
scheinen die beiden kanadischen Schwestern auch in der Popliteratur
kaum auf, nicht im ROCKLEXIKON, nicht in den Büchern über Frauen
in der Rockmusik, nicht in der ENCYCLOPEDIA OF POP und nicht im
ROCK & POP ALMANACH. Die Liebe der Kritiker verfügt nur über eine
kurze Halbwertszeit.
Kate und Anna McGarrigle waren halb
britischen, halb franko-kanadischen Ursprungs, geboren irgendwann
in den 40er Jahren in Montreal. Sie wuchsen in dem Bergdorf Saint-Sauveur-des-Monts
auf und erhielten dort von Nonnen Musikunterricht. Auch die Familie
McGarrigle selbst scheint sehr musikverliebt gewesen zu sein: man
sang zusammen, spielte Klavier mit Vater Frank und lud sich Freunde
und entfernte Verwandtschaft zu Banjo-Wochenenden ein. Die Musik,
mit der Kate und Anna aufwuchsen, waren viktorianische Balladen,
franko-kanadische Volkslieder, ein wenig Blues und Jazz. In dem
SONG FOR GABY, der verstorbenen Mutter gewidmet, geben Kate und
Anna ein wenig Einblick in die Welt von Saint-Sauveur-des-Monts.
In den sechziger Jahren studierte
Kate Maschinenbau, Anna besuchte die Art School. Die studentenbewegten
Jahre sahen die Schwestern als regelmäßige Besucher- und Musikerinnen
in diversen Folk-Clubs, vor allem des Cafe Lena in der Universitätsstadt
Saratoga im Staat New York. Jemand schickte eins ihrer Tapes an
Maria Maldaur nach Los Angeles, die zwei der McGarrigle-Lieder auf
ihrem Debüt-Album sang. Warner-Produzent Joe Boyd holte die Schwestern
zu den Aufnahmen, um Background zu singen und selbst Demoaufnahmen
zu machen. Daraus entstand die umjubelte erste Platte, auf der Tony
Levin den Baß bediente, Steve Gadd trommelte, David Spinoza Gitarre
spielte und weitere Studiocracks wie Hugh McCracken, Bobby Keys,
David Grisman, Russ Kunkel und Gaststar Lowell George mitdaddelten.
Herausragend der von Loudon Wainwright III geschriebene SWIMMING
SONG, ein kleines Wunder an Optimismus, Lebensfreude und unterschwelliger
Gegenwart des Todes...
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BLUES IN D
SONG FOR GABY
SWIMMING SONG
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