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Hier soll die Geschichte der britischen Gruppe National Health
erzählt werden; und das ist nicht ganz einfach, denn die Musik von
National Health klingt heute obsolet. Die Anliegen der Musiker haben
etwas Antiquiertes, und der Nachwelt ist die Gruppe ebenso gleichgültig
wie ihren Zeitgenossen. National Health entwarfen in den Jahren
1975 bis 1982 die perfekte E-Musik für den Rock-Kontext, Musik ohne
direkte Bezüge zu Klassik und Romantik, Musik, die keinesfalls Jazzrock
war. National Health brachten Emerson, Lake & Palmer, King Crimson
und Gong auf den Punkt. Eine rockmusikalische Evolution auf diesem
Zweig der Musikgeschichte war nachher nicht mehr nötig. Abgesehen
davon, daß zu Hochzeiten von Punk und New Wave sich eh niemand dafür
interessierte, daß ein Stück einen 25/8 Takt hatte. Ausgestorbene
Dinosaurier, die schon zu Lebzeiten keine Macht besaßen - und heute
als interessante Fossilien im CD-Museum herumstehen.
PARACELSUS aus dem Jahr 1976 ist die
einzige Aufnahme, auf der so etwas wie die Originalbesetzung von
National Health zu hören ist: Die Gruppengründer Dave Stewart und
Alan Gowen an den Keyboards, Bill Bruford am Schlagzeug, Mont Campbell
am Baß und die beiden Gitarristen Steve Hillage und Phil Miller.
Phil Miller kam von Matching Mole und Hatfield & the North, Steve
Hillage von Gong. Bill Bruford hatte gerade bei King Crimson den
Krempel hingeschmissen. Und Dave Stewart, nicht zu verwechseln mit
dem Eurythmics-Dave-Stewart, und Alan Gowen hatten nach diversen
Gruppen wie Hatfield & the North, Gilgamesh, Arzachel, Khan und
Egg einen alkoholseeligen Traum, mit virtuosen Musikern komplex
auskomponierte Rockmusik einer begeisterten Öffentlichkeit unterzujubeln
und damit endlich reich und berühmt zu werden. Hillage und Bruford
verließen National Health schon wieder, bevor die Gruppe ein richtiges
Repertoire besaß; die beiden hatten eigene Pläne für eigene Bands
und waren schließlich bereits erfolgreiche Stars: Da wurde ihnen
das avantgardistische Reinheitsgebot schnell zu fad, und das endlos
sich drehende Personalkarussel bei National Health kam in Schwung.
Phil Lee ersetzte Steve Hillage. Pip Pyle ersetzte Bill Bruford.
Mont Campbell fand das Rockstar-Leben plötzlich unerträglich und
stieg ganz aus dem Geschäft aus. Phil Lee folgte ihm, weil er ein
Angebot hatte, mit Charles Aznavour auf Tour zu gehen. Ein Wunder,
daß im Frühjahr 1976 die erste England-Tournee überhaupt zustande
kam. Anschließend ging Dave Stewart zu seinen langjährigen Freunden
bei Virgin Records, um einen klasse Plattenvertrag abzuzocken. Doch,
wie Dave Stewart noch 1990 beleidigt anmerkt, bei Virgin war ein
neuer Geist eingekehrt. An Kunst bestünde kein Interesse mehr, und
das einzige, was man für Stewart hätte, wäre der Job, die Songs
von Reggae- und Punk-Bands für das Verlagsgeschäft aufzunotieren.
Stewart schluckte - und akzeptierte. Alan Gowen spielte derweilen
Klavier bei einem Sex-Musical im Londoner Westend. Auch die anderen
jobbten, den von ganzen 14 Gigs in einem Jahr und keinem Plattenvertrag
kann niemand leben. 1977 verließen Sängerin Amanda Parsons und Gruppengründer
Alan Gowan das sinkende Schiff, das trotz Europa-Tournee nur noch
Platz für vier Gruppenmitgleider bot: Stewart, Pyle, Miller und
den neuen Baßisten Neil Murray. Dann doch noch ein Silberstreif
am Horizont: Ein alter Freund von Dave Stewart sollte den Sommer
über auf das vermietete Mobil-Studio einer nicht näher bezeichneten
Supergruppe aufpassen. Wenn es Nacht wurde über London und die eigentlichen
Mieter verschwunden waren, spielten National Health die Bänder für
die erste LP ein - ein Unternehmen, für das sich auch Alan Gowan
und Amanda Parsons gastmäßig verdingten. Und nach einem ziemlich
verpatzten Auftritt bei einem der lächerlichen Rock-Meets-Classic-Spektakel
in der Queen-Elizabeth-Hall fand sich auch eine Plattenfirma: Charly
Records nahm National Health für das Affinity Label unter Vertrag.
Früh 1978 erschien das selbstbetitelte Debüt. Zu spät für Neil Murray:
Der packte seinen Baß und stieg bei Whitesnake ein, was die anderen
Health-Musiker als ziemlich geschmacklos empfanden. Der neue Mann
für National Health war der an Erfolglosigkeit gewöhnte John Greaves,
der Henry Cow überstanden und mit Peter Blegvad das gelobte, aber
erfolglose KEW.RHONE. Projekt in den kommerziellen Sand gesetzt
hatte. Auf der zweiten National Health LP OF QUEUES AND CURES, die
ebenfalls 1978 erschien, wurde Greaves bereits mit eigenem Stück
und Gaststimme von Peter Blegvad gefeatured.
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PARACELSUS
SQUARER FOR MAUD
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