|
Eine Band, die in ihrer Vorliebe für Vergangenheitsbewältigung
ihrer Zeit weit voraus war. Eine Band mit einem halben Dutzend Gesichtern.
Eine Band, die von der Öffentlichkeit ebenso falsch eingeschätzt
wurde wie, sagen wir mal: Alex Chiltons Big Star. Eine Band, die
The Soft Boys hieß.
Am Anfang gab es BB Blackberry and
the Swelterettes, The Chosen Few, The Worst Fears, Maureen and the
Meatpackers, Dennis and the Experts. Alles Bands eines Gitarristen,
der den Geist der Sechziger-Jahre-Rockmusik in neue Flaschen füllen
wollte, alles Bands von Robyn Hitchcock. 1976 hatte er mit den Soft
Boys jene Band beisammen, die sein Modernisierungsprogramm verwirklichen
konnte.
Die Soft-Boys-Legende will, daß die
Band Robyn Hitchcocks eine Psychedelic Band im Geiste Syd Barrets
war und damit das fehlende Bindeglied zwischen Pink Floyd und Punk.
Alles richtig, man sehe nur das Y in Robyn und das Y in Syd. Aber
die Soft Boys waren viel mehr: eine englische Band, die von der
amerikanischen Westcoast kommen könnte, siehe das ebengehörte beste
Byrds-Stück, das nicht von den Byrds ist, eine gute Blues-Rock-Band,
eine der wenigen Bands, die sich Coverversionen von Bob Dylan oder
John Lennon erlauben können, eine Band, die mit jedem Stück anders
klingt. Und die Wurzel dieser Vielseitigkeit liegt in dieser Lust
an der Parodie, wie wir gleich bei dem Song ROCK'N'ROLL TOILET hören
können. Dem Songschreiber Hitchcock scheint es gereicht zu haben,
sich an einen alten Gassenhauer zu erinnern, und schon hatte er
einen neuen Song. Kein Original-Genie also, aber ein begnadeter
Pop-Konverter. Treffen wir den besten Rolling-Stones-Song, der leider
nicht von Jagger/Richards geschrieben worden ist. Mögliche LP, auf
der er nicht zu finden ist: THEIR SATANIC MAJESTIES REQUESTS
Parodistisch aufgelegte Bands waren
im England der ausgehenden siebziger Jahre keine Seltenheit, als
Beispiele seien nur Alberto Y Lost Trios Paranoias genannt oder
The Rutles. Wegen ihrer Respektlosigkeit waren diese Bands alle
dem Punk-Umfeld zugeordnet, was natürlich kompletter Schwachsinn
war. Aber die Soft Boys waren eben nicht nur Parodisten, sondern
Neuerer, Bewahrer. Wo die Wurzeln tatsächlich steckten, zeigt sehr
deutlich die Soft-Boys-Cassette LIVE AT THE PORTLAND ARMS: ein akustischer
Set, eingespielt in einem Pub in Cambridge, unschwer zu hören die
Nähe zur Kleinkunstbühne und die noch etwas reservierte Haltung
gegenüber Punk, einem Etikett, mit dem sich die Soft Boys ein Jahr
später ganz gerne schmücken ließen.
|
GIVE IT TO THE SOFT BOYS
INNOCENT BOY
ROCK 'N' ROLL TOILET
ALL SHOOK UP
Weiter
>>
|