|
Um 1980 verschwand Chip Taylor von
der Szene, nicht aber seine Oldies aus dem Radio, was dem Spieler
Chip Taylor sicher recht gewesen sein dürfte. Der zählte Karten
an den Black-Jack-Tischen von Atlantic City und büffelte jeden Tag
3-4 Stunden lang die Rennzeitschriften: "Der Spieler in mir bekam
jetzt mindestens 85% meiner Zeit." Sein einsamer Rekord: sechs Gewinnpferde
in Reihe. 1997 dann die Wende: Zwei emotional erschütternde Ereignisse,
so deutet Chip Taylor in seinen Linernotes an, ließen den Musiker
über den Gambler triumphieren, der Tod der verehrten Mutter und
eine Liebe auf den ersten Blick, die den 57jährigen ereilte, als
er eines Tages in eine Bar in Soho ging und dort Florence stehen
sah, jung, unverheiratet, Französin und im fünften Monat schwanger.
Was in seiner Alltäglichkeit jedem
anderen Midlife-Greis auch passieren kann, löste bei einem so talentierten
Mann wie Chip Taylor einen Kreativitätsschub aus. Als Florence ihn
nach einer wie auch immer verbrachten Woche verließ, um zum Kindsvater
Guillaume nach Frankreich zu gehen, setzte der Spieler und Songwriter
alles auf eine Karte und schrieb ein Konzept-Album, um Florence
durch diese überdimensionierte Liebeserklärung wieder für sich zu
gewinnen, natürlich unter Ausnutzung aller aus der Countrymusik
bekannten Tricks und Kniffe zum Rumkriegen von fremden Ehefrauen,
etwa dem Loben des Rivalen, um über diese Großherzigkeit die Dame
des Herzens von der eigenen Klasse zu überzeugen.
Unterstützt wurde Chip Taylor auf
der Comeback-CD SEVEN DAYS IN MAY vom ebengehörten Guy Clark, von
ehemaligen The-Band-Musikern und von Lucinda Williams. Das Handwerk
ist über weite Strecken makellose Old School, der Anlaß und die
Durchführung der CD reiner Liebestaumel, allerdings professionell
geplant.
Die Songs um Florence und ihr Baby
beginnen bei der Liebe auf den ersten Blick und enden bei der Taufe
des Kindes; wie der Wettstreit um die eher superdurchschnittlich
aussehende ausgegangen ist, verrät auch die neuste Chip-Taylor-CD
nicht, THE LIVING ROOM TAPES, die trotzdem einige grundsolide Beispiele
für klassisches Country- oder Folk-Songwriting enthält...
Das war, soweit ich sie recherchieren
konnte, die Geschichte von Chip Taylor, dem Mann hinter vielen Hits,
dem Spieler, dem hoffnungslos verliebten Country-Yankee. Drei aktuelle
CDs, SEVEN DAYS IN MAY, THE LIVING ROOM TAPES und HITMAN, sowie
LAST CHANCE von 1973 als Re-issue sind derzeit über den Inakustik-Vertrieb
in Deutschland erhältlich.
|
Chip Taylor
SEVEN DAYS IN MAY
Chip Taylor
ONE HELL OF A GUY
Chip Taylor
FLORENCE, THE BABY AND ME
Chip Taylor
SHUT YOU DOWN
Chip Taylor
WALK AWAY FROM YOU
|