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Vielleicht kommt ja auch die Zeit
chauvinistischer Verblödung: deutscher Hip-Hop weist den Weg, sorry,
aber diese übellaunige, auf nichts mehr neugierige, weltanschaulich
neutrale Gereime lässt befürchten, dass die ursprüngliche Triebfeder
von Popmusik, die Öffnung zur Welt hin, in ihr Gegenteil verkehrt
wird: Ich bin stolz ein Deutscher zu sein.
Eine andere Zukunft der Popmusik vermuten
Insider und Aufschneider im Internet, das mangels Alternative außerhalb
des Cyberspace für jede halbwegs utopische Zuckung herhalten muss.
Die ehrwürdige Musikmesse Midem, die dieser Tage in Cannes winterlichen
Hof hält, hat sich einen Internet-Ableger namens Midemnet verpasst,
damit man nichts verpasst als abkassierender Teilnehmer am großen
Popmusikspiel, aber es scheinen sich alle Anstrengungen darauf zu
konzentrieren, die lukrative Vergangenheit in eine ungewisse Noch-Nicht-Gegenwart
hinüber zu retten: Es tanzen die Verhinderer, die Zollhäuschen-Errichter
und die Rechtebesitzer ihren Totentanz ums Download-Kalb, errichten
hier einen Damm und versprechen dort bunte Höchstleistung, während
sich ihre vermeintliche Kundschaft in aller Ruhe einen CD-Brenner
an den Rechner stöpselt: Da ist nichts mehr zu retten, nicht einmal
hinauszuzögern - in absehbarer Zeit wird niemand mehr für Musik
direkt bezahlen. Sie mag dann Abfallprodukt eines Computerspiels
sein, der Soundtrack zu einem Film oder Zugabe beim Kauf eines Buches
über Amazon.de: Aber sie gehört uns schon, bevor sie noch aufgenommen
wurde, beinahe wertlos, wenig beachtet, wie alles, was umsonst ist.
Ganz anders das Konzert. Die Präsenz
von echten Menschen wird folgerichtig an Wert gewinnen; das Popgesamtkunstwerk,
bisher nur den Mammuttourneen eines Michael Jackson oder Madonna
vorbehalten, wird Event-Standard, der teuer bezahlt werden muss
- hier ist das Geld zu holen für den Pop-Entrepreneur von morgen,
das bei der CD nicht mehr verdient werden kann, weil beim Konzert
im gegensatz zur Digitalwelt reale, physische Kontrolle möglich
ist - man muss ja kein neues Woodstock oder Altamont in Angriff
nehmen.
Die Zukunft der Popmusik? Manche bescheinigen
ihr ein langes und unbesorgtes Dasein. Andere sehen sie am Ende,
Hand in Hand mit der alten Gegnerin Klassik im 20. Jahrhundert zurückbleibend,
entschwindend, ein Pausenfüller der Kulturgeschichte, bevor etwas
gänzlich Neues auf den leeren Plan treten wird, der Totalität einer
globalisierten Welt entsprechend. Mir geht es ein wenig wie mit
all den Büchern, die ich noch nicht gelesen habe: Für mich gibt
es so oder so mehr als ausreichend zu entdecken. Die Zukunft der
Popmusik also? Ziemlich gut, danke.
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