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Auf den Schultern von Riesen Teil 1 : 2
 

Alan McGee spricht gern davon, er habe die neuen Beatles gefunden. Der arrogante Visionär, bis November 1999 Chef von Creation Records, mag wissen, dass seine Megaseller Oasis poptechnisch eher die neuen Small Faces sind und waren, aber die Leichtigkeit, mit der die Gallagher-Brüder Mitte der 90er Jahre zur allgemeinverträglichen britischen Idiosynkrasie wie Sperrstunde und kein Schaum auf dem Bier mutierten, ließ nur diesen einen Vergleich zu: wie JohnPaulGeorge'n'Ringo. Nun heißt das aktuelle und mild umstrittene Oasis-Album "Standing on the Shoulder of Giants", was man durchaus als späte Selbsterkenntnis der Theo-Waigel-Lookalikes einschätzen darf: Zu einer Karriere von Beatles'scher Dimension fehlen der Band die McCartney-Komponente und die weltweite, uneingeschränkte Akzeptanz - Amerika, Japan, Kontinental-Europa wiegen sich zu dezidiert anderen Rhythmen und Melodien als denen von Oasis. Man befindet sich so hoch droben, wegen und nicht trotz der inzwischen leicht betagten Vorbilder.
     Heute vor dreißig Jahren berief Paul "der Riese" McCartney eine Pressekonferenz ein, auf der er "mit viel Trara", wie es in einer Lennon-Biografie selbst 1989 noch beleidigt heißt, ein Soloalbum und seinen Ausstieg bei den gigantesken Beatles bekannt gab - Ende der Gruppe, ein halber Hund kann nicht pinkeln.
     Die meisten Freunde der Beatles-Musik werden sich erinnern, wo sie wie auf die Nachricht vom Tod John Lennons im Dezember 1980 reagiert haben; dass jemand Gefühlswallungen besonderer Art bei der längst absehbaren Gruppendämmerung empfunden hat, wurde mir noch nie erzählt. Man empfand es eher als Verwaltungsakt, als taktische Notwendigkeit, als Drohgebärde - als Symptom eines kleineren Streits zwischen vier Riesen eben, die gar nicht anders konnten - wenn sie ihre ekelhaften Frauen los geworden wären -, als demnächst wieder zusammen weiter zu kegeln, denn was sollten sie sonst tun so allein, ohne Ihresgleichen? Sich mit uns zwergenhaften Menschlein abgeben? Hausmann werden oder Milchbauer? Schauspieler und Alkoholiker? Filmproduzent? Eine Uni für Nachwuchspopmusiker ins Leben rufen? Nicht wirklich, oder? Nicht die Beatles. Das Missverständnis würde sich bald lösen lassen, und dann stünden die vier Riesen wieder auf, besser und lauter denn je, Rock'n'Roll, yeah!
     Mit drei Jahrzehnten Abstand und aus der Perspektive eines Nicht-Fans, der sich seine erste von zwei Beatles-Platten ("White Album" und "Let it Be") erst Mitte der 80er Jahre gekauft hat, muss ich sagen, dass die Auflösung der Gruppe die größte Tat war, die John (mein Idol), Paul, George und Ringo (mein Held) je vollbracht haben. Bevor es die Beatles gab, war in Europa alles grau, schwarz-weiß, lediglich im Westen schimmerte es bunt am Horizont, Amerika, du hast es besser, aber was sollte aus uns werden? Wie eine Zukunft ohne Pop ausgesehen haben könnte, zeigt ein kurzer Blick in die Vergangenheit der DDR, nach Polen, in die Slowakei von gestern, von heute noch. Gerade noch mal davongekommen: "It's been a hard days night/and I've been working like a dog..."

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