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Aber sie holten uns heim in die Welt,
vier Rocker mit einer Vision und einem Problem mit der Autorität
einer pausbäckigen Generation von kriegsverkrüppelten Spießern.
"All that I was looking for/was somebody who looked like you." So
wie Ringo Starr sein Leben nach überstandener Rippenfellentzündung
im Kindesalter wie eine einzige Zugabe zu nehmen gewillt war, schien
eine ganze Generation nach überlebter Cuba-Krise eine Veränderung,
eine Verbesserung im Hier und Jetzt der 60er Jahre einfordern und
als Geschenk annehmen zu wollen - der wahre, der soziale Fall-Out
der nicht gezündeten Atombomben. Und den perfekten Ausdruck dieser
Sehnsucht nach etwas Neuem, nach Jugend, nach Frische, nach dem
groovy Guten im Menschen boten die Beatles: "You better get yourself
together, darlin', join the human race. Who on earth do you think
you are? A Superstar? Well, alright, you a…"
Es wurde schon oft beschrieben, aber
es bleibt für uns Nachgeborene ein alchimistischer Trick, ein Wunder:
wie sich in kürzester Zeit das Aussehen der jüngeren Menschen -
heute sind sie die Eltern von Punks, Großeltern von Rappern - veränderte
und damit ihre Haltung dem Leben gegenüber. Fotos, Filmausschnitte
zeigen das Wunder ihres Lebens wie Zeitrafferaufnahmen im Biologie-Unterricht
das Schlüpfen eines Schmetterlings: erst diese Hysterie-Attacken
im Publikum, Anzüge, Kostüme, hochtoupierte Frisuren in wilder Unordnung,
dann eingenässte Höschen, menschliche Gerüche, geöffnete Hemdkrägen,
Ohnmacht, Erwachen, längere Haare, lange Haare, lockere Kleidung,
lockere Sitten, ein Anfang: "Why don't we do it in the road?"
Da waren natürlich noch die Rolling
Stones und Bob Dylan und all die anderen Sixties-Rabauken, aber
die wuchsen innerhalb einer Subkultur heran und brachen dann nach
Außen durch, in ein Klima, das die Beatles für sie in der wirklichen
Welt bereitet hatten, in der Welt der Englischlehrer und Sekretärinnen,
der Karnevalsumzüge und katholischen Jugenleitertagungen. Die Beatles
machten die Drecksarbeit: Sie liebten alle und alles über den Haufen;
sie überzeugten die Widerspenstigsten und die Verstocktesten und
selbst meinen Vater, der mir kurz vor seinem Tod mitteilte, die
Beatles hätten wenigstens noch Musik gemacht: War er damals nicht
irgendwie Amok gelaufen wegen "Ob-la-di Ob-la-da"?
Wer sollte soviel Liebe ertragen können?
Eine Masse Mensch im Rücken, im Nacken. Die dich zu Tode zu lieben
droht und dies im Falle Lennons schließlich tut und im Falle Harrisons
fast: Einer kommt immer durch, alte Spermienweisheit. Und die Masse
Mensch verlangte nach Führung, nach Anleitung. Die Beatles gaben
diese Anleitung durch ihr Beispiel: Sie lehnten das Leben als Riesen
unter Menschen ab. Sie forderten ein normales Leben zurück. Sie
heirateten und schieden sich. Sie machten schlechte Kunst und schlechte
Musik und schlechte Witze und schlechte Filme. Und ein paar gute:
Witze, Songs, Filme, Kunstwerke. John, Paul, George und sogar Ringo,
jeder tat auf seine Weise kund, dass ein jeder ein selbstverantwortliches
Individuum ist, dass nicht einmal die Liebe von Milliarden einen
fremdbestimmen darf, dass es schöner ist, einem kleinen Jungen das
Schwimmen beizubringen als an der Spitze aller Hitparaden dieser
Welt zu stehen. Das Leben, für jeden. Das war die letzte große Botschaft
der Beatles: "I was the walrus, but now I'm John." Die Details werden
wir demnächst in autobiographischen Werken der drei überlebenden
Beatles nachlesen, die dafür das riesenhafte Honorar von sechs Trillionen
Talern erhalten.
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