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Womit wir bei Sean Rumpelhuber wären.
Sean ist noch sehr jung, sehr verliebt, sehr geprägt von Yoko Rumpelhuber-Ono
und wahnsinnig beeinflußt von Jazz und Country und HipHop und Tropicalismo
und allem, hey, und die Beastie Boys mögen, was ich mache, geil.
Nun sind die Beasties aber, bei allem Respekt, sowas wie die Rap-Version
von Yoko Ono - und zwei leicht beschickerte Vorbild-Koordinatensätze
sind selbst für einen jungen Rumpelhuber zuviel. Das erklärt das
filzstift-gezeichnete Narrenlachen auf dem Cover. Das erklärt aber
nicht unbedingt das brummende Tohuwabohu auf "Into the Sun", das
wieder einmal zeigt, daß die Ono-Familie meint, mit minimalen Mitteln
und ein paar Faxen maximale Aufmerksamkeit erzielen zu können.
Besonders peinlich wirkt es, wenn
Sean Rumpelhuber glaubt, einem großen Wort-Artisten wie John Lennon
in seinen Texten nacheifern zu müssen, Sprachspiel an Sprachspiel
("It's all but a waist to be in love") zu reihen, Strophen nach
Vokalen zu organisieren, schnarch, kicher, Tri Chinisin ind in Kintribiß
- mit derart unausgegorenem Zeug wird das Grand-Royal-Label seinen
Vertrauensbonus bei der Hipster-Kundschaft schnell eingebüßt haben,
mögen noch so viele Rumpelhubers dort ihre Übungsraumphantasien
veröffentlichen.
Taufen wir die Rumpelhubers wieder
um - nennen wir sie wieder Lennon. Julian wird bis ans hoffentlich
ferne Ende seiner Tage Musik machen, die seinem Onkel Paul ganz
gut gefällt. Sean hat ein paar Schrauben locker, die sich hoffentlich
dereinst werden anziehen lassen. Beiden fehlt der Vater - so wie
er uns fehlt. Ein John Lennon hätte es vielleicht genauso geschickt
gemacht wie Bob Dylan in seiner Beziehung zu Sohn Jacob, und die
erfolgreich musizierenden Söhne durch kreative Nichtachtung, durch
gezielte Sottisen, durch väterliche Arroganz dermaßen auf Distanz
gehalten, daß sie nicht ständig an japanische Mädchen und hyperberühmte
Daddys denken müßten, sondern an ganz einfachen, ödipalen Vatermord:
mit einer wirklich guten Platte den Alten aus den Socken knallen,
das wär's.
Epilog: Ein anderer Rumpelhuber vornamens
Jeff, der Sohn des wohl stimmgewaltigsten und wagemutigsten Sängers
der Pop-Geschichte, Tim Buckley, wird ein Jahr nach seinem Unfalltod
von Mutter und Plattenfirma zum Star und zur Witzfigur gemacht,
indem man private Demos, auf denen er wie Freddie Mercury klingt,
und mißglückte Sessions unter der Leitung Tom Verlaines als "Sketches
for: My Sweetheart the Drunk" veröffentlicht. Wer hören muß, wie
ein alkohol- und drogenkranker Twen unter den Erwartungen an den
großen Namen zusammenbricht und sich durch 70er-Jahre-Reminiszenzen
zwischen Genesis und Donna Summer hangelt - und das aufnahmetechnisch
in gelegentlich trübster Vollrauschqualität - kann auf dieser als
pietätvoller Akt getarnten Beutelschneiderei miterleben, was schlimmer
ist als ein toter Vater: wenn man selber auch nicht mehr lebt und
sich gegen Mutter und Rechtsanwälte nicht mehr wehren kann.
Jeff Buckley |
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SKETCHES FOR: MY SWEETHEART
THE DRUNK |
(Columbia 488661 2) |
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Sean Lennon |
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INTO THE SUN |
(Grand Royal/Virgin 7243 8 45940
2 2) |
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Julian Lennon |
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PHOTOGRAPH SMILE |
(Rough Trade RTD 102.3483.2) |
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