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Die hohe Zeit der Gschaftler (Fortsetzung) Teil 1 : 2
 

     Konkrete Ziele der Tiraden waren in letzter Zeit hauptsächlich zwei CDs, deren Ziel es ist, Menschen im In- und Ausland mit der Musik der in breiteren Kreisen noch unbekannten Gruppen eben bekannt zu machen: "Wo ist Zuhause, Mama?", zusammengestellt vom Schriftsteller Franz Dobler und bei Trikont in München erschienen, und "Sturm & Twang", zusammengestellt vom Chefredakteur der Musikzeitschrift Spex, Christoph Gurk, im Auftrag des englischen Labels Big Cat, das sich von der internationalen Verbreitung deutscher Popmusik ein Geschäft verspricht und eine Art akustischen Katalog brauchte.
     Beide, Gurk und Dobler, hätten wohl die Finger von der sicherlich vergnüglichen Arbeit gelassen, wenn sie geahnt hätten, was ihnen an als grobkörniger Antifaschismus getarntem Klugschiß ins Haus stand. Allein die Tatsache, daß 1995 jemand die Deutschsprachigkeit von Bands als Auswahlkriterium für eine Pop-CD benutzt, reicht hierzulande, um zwei Musikliebhaber und Experten anzupöbeln und in eine politische Ecke zu manövrieren, in die sie nie gehörten und auch durch ihre gute Arbeit mit diesen Samplern nicht gehören.
     Als einziger hat es sich der Journalist Günther Jacob nicht ganz so einfach gemacht: In seinem Aufsatz für die Zeitschrift "Bahamas" zu "100% German Pop" bietet er eine kenntnisreiche Analyse der Trends und Vorgänge (ohne auf Geschichtsfälschung in Sachen Trikont-Verlag verzichten zu können), wobei auch Jacob nicht die Zwänge linken Denkens verlassen kann, das Pop ebenso fremd ist wie rechtes Gedankengut, und er nicht sieht, wo eigentlich die beiden Hauptdiskussionspunkte liegen, die die Blüte deutscher und deutschsprachiger Popmusik zur Zeit aufwirft: Wie instrumentalisieren diese neue Musik mit ihrer neuen Sprache und neuen Form tatsächlich fragwürdige Elemente vom Journalisten in der FAZ ("Während die anderen draußen in der weiten Welt heranwuchsen zu stolzen Männern, die über große Worte gebieten, blieb die deutsche Rockmusik allein zurück.") über die Lobby der Gedankenlosen in den Stadtzeitungen ("Wir sind wieder wer!" Zitty, Berlin) bis hin zu den hilflos-skrupellosen Möchtegernstrategen in manchen Plattenfirmen ("Alles Made in Germany!")? Und welche Defizite internationaler Popmusik gibt es, speziell auf sprachlicher und emphatischer Ebene, die ein Singen in deutscher Sprache auf so hohem Niveau zu so guter Musik jetzt und heute möglich und offenbar auch nötig machen?
     Also: nicht in blödester linker Tradition alle Kräfte in Flügel-, Gruppen- und Sektenstreitigkeiten um Stalins Bart verzetteln, sondern die neuen Gegebenheiten deutscher Popmusik mit Begeisterung annehmen und nach Kräften und schützend und Hilfestellung gebend vorantreiben: Wer rechtzeitig mitgestaltet, wie Popmusik in Deutschland produziert und rezipiert wird, braucht vielleicht später keine Angst vor jenen Leuten haben, die Popmusik aus Deutschland hören - weil sie dann keiner hören wird, weil sie aus Deutschland, sondern weil sie gut ist.

 

 

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