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Soviel Einigkeit ist selten: die Beastie Boys auf dem Cover vom
Hinz-Magazin und der Kunz-Postille; für die mehrseitigen Features
in jedem nur denkbaren Druckerzeugnis mußten Fichtenwälder von der
Gesamtfläche Tibets abgeholzt werden. Nach all den Beastie-losen
Jahren wird selbst meine Bäckersfrau aus ihrer Blume wissen, daß
Adam Yauch berühmter sein muß als Günther. Und wenn der Dezember
kommt mit seinen Bestenlisten, werden die Beastie Boys und ihr 98er
Album "Hello Nasty" diese zusammen mit Massive Attack und Autechre
und Catatonia anführen, allesamt gewunden zu einer Girlande des
guten Geschmacks. Nur daß - Verzeihung, wenn ich die Feierlichkeiten
durch eine miesepetrige Prophezeiung störe - keiner mehr "Hello
Nasty" hören wird. Denn "Hello Nasty" ist auf eine ungute Art unanhörbar.
Natürlich kann man Track 1 bis 22 durchlaufen lassen, natürlich
sind "Super Disco Breakin'" oder "Intergalactic" für sich genommen
gute Nummern und mögen sie im Radio laufen, bis daß der Morgen graut.
Natürlich habe auch ich über und mit und zu Lee Perry gelacht, wie
er seinen ganjaumwölkten Toast auf Jesus von Nazareth und die Beastie
Boys ausbringt. Und wenn all dies auf zehn Singles verteilt peu
à peu erschienen wäre, hätte man es vielleicht nicht bemerkt: daß
den drei Labelchefs, Verlegern, Modeschöpfern und Berufswitzbolden
als Beastie Boys nichts mehr einfällt. Daß nach zweimaligem Hören
von "Hello Nasty" nur noch die Skip-Taste der Fernbedienung über
die schnell schal werdenden Späßchen hinweghilft.
Als hätte ein verzogener Bengel seine
Spielzeugkiste wütend zu Boden geschleudert, liegen durcheinander
Elektro, Hip-Hop, Dub, Funk, Scratching, Steel Drums und allerlei
Latin-Klimbim am Studioboden, aber die Beasties haben sich diesmal
nicht mehr die Mühe gemacht, das Zeug aufzuklauben, zu entstauben
und zu ordnen und so lange großmäulig mit Sinn aufzuladen, bis wundersame
Popmusik erstrahlen kann, arrangiert zu einem Album, zu einem Ganzen,
sondern sie haben alles in eine Art New Yorker Trichter geschüttet,
in der Hoffnung, daß unten schon was Modernes oder Postmodernes
oder Eklektisches oder Dekonstrutivistisches rauskommt. Aber herausgekommen
ist eben nur, was drei beliebige Menschen, die über etwas Talent
und viel Zeit und Geld verfügen, in einem Studio so anstellen können:
irgendwie beliebiger Zeitvertreib. Herausgekommen ist das Hip-Hop-Äquivalent
zu den Eagles oder Doobie Brothers anno 1978: Langeweile am Swimming
Pool. Damals greinte man zwischen zwei Linien Koks: No Nukes! Und
heute zwischen zwei Tofu-Burgern: Free Tibet! Und so bewahrheitet
sich der älteste aller Hip-Hop-Slogans "Don't Believe the Hype"
oder: Meist ist die Qualität einer Platte umgekehrt proportional
zur Anzahl der ihr gewidmeten Titelgeschichten.
Womit ich bei Sue Foley wäre. Keine
Titelgeschichte weit und breit. Und ihr "Ten Days in November" ist
vermutlich eine der besten Platten des Jahres. Wie die Beastie Boys
ist Sue Foley Anfang 30 und hat eben ihr fünftes Platte fertiggestellt.
Ende der Gemeinsamkeiten. Sue Foley ist gebürtige Kanadierin, die
mit 21 ins Dorado der handgemachten Musik, nach Austin, Texas verzog
und dort auf kleinsten Labels ihren "Young Girl Blues" vertickte.
Daß junge Frauen den Lightnin' Hopkins oder den Elmore James tun
und ihren Besen abstauben wollen, ist seit einigen Jahren eingerissen,
ein Unterfangen, das mit dem englischen Wort "pathetic" am besten
beschrieben ist, das Damenfußball oder Rhythmische Sportgymnastik
für Männer meint. Aber man muß sich all die Victorias, Lucindas
oder Rorys dieser Welt ja nicht anhören - wäre da nicht die Chance,
die eine, die einzige Sue zu treffen.
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