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Sue Foley gelingt auf "Ten Days in
November" all das, wonach die Beastie Boys so vergeblich streben:
Modernität. Ekletizismus. Die Möglichkeiten der Popmusik eine Wendelung
weiterdrehen. Absurderweise gelingt das Sue Foley in dem kaum mehr
weiterdenkbaren Genre Folkrock, Bluesrock, Countryrock. Sie legt
sich in den ersten Stücken der CD ihre formalen und inhaltlichen
Möglichkeiten zurecht: eine Stimme zwischen Rickie Lee Jones und
den Roches-Schwestern, also Gesang, der gern einen Viertelton daneben
geht, damit er umso besser trifft. Die klassische amerikanische
Songform. Freiheit innerhalb selbstgewählter Grenzen. Nicht die
Fehler von Jazz, Free Jazz, Improvisationsmusik wiederholen, nicht
wie die Beastie Boys vom Schwarzen Loch des "Anything Goes" angesaugt
und aus dieser Welt gerissen werden. Dann Dylan, natürlich. Und
The Band. Beide als Zitatensteinbruch, als Wörtersampler, als Metaphernsynthesizer.
Tony Joe White, vielleicht. Als rhythmischer Außenborder im Sumpf.
Wie eine Kanadierin halt die Südstaaten imaginiert.
Und wenn die Zutaten dann bereitliegen
und der übliche epigonale Pamp angerührt werden könnte, holt Sue
Foley statt des Küchenquirls aus dem Schrank eine von diesen kleinen
Damen-Kanonen aus dem Dekolleté, die in den Western nur die allernettesten
Bardamen im Ausschnitt tragen dürfen und durchlöchert damit Vorbilder
und Vorurteile. Denn sie singt wie ein Engel, der sich den Himmel
und die Tonart selbst definiert. Sie spielt Gitarre, wie vielleicht
nur Chris Spedding oder Rainer Ptacek oder Jeff Tweedy das können
oder konnten, deutlich, virtuos, geläufig, ohne auch nur eine Sekunde
den Song als Vorwand für die eigenen Fähigkeiten mißzuverstehen.
So reiht sich Quelle an Zitat an Fußnote, bis man merkt, daß Sue
Foley längst fröhlich und selbstbewußt aus diesem Kenn-ich-weiß-ich-mag-ich-Spiel
hinausgetänzelt ist. Alte Musik, wie sie erst am Ende dieses Jahrhunderts
gespielt werden kann, unglaublich.
Falls es einen Kritikpunkt gibt, dann
sind es die gelegentlichen Sekunden, in denen sich eine Bonnie-Raitt'sche
"Raunchyness" einschleicht, aber nein, es überhaupt zu erwähnen,
heißt, es überzubewerten. Und wenn Sue Foley mit "New Roads" zum
guten Schluß eine Art Country Blues mit Stöckelschuhen hintupft,
wenn alles gesungen und gesagt und gespielt ist, dann bleibt nur
noch, ihr bewundernd nachzublicken. Wie sie den Beastie Boys in
ihrem Sommerfähnchen den Schneid abkauft. Wie die Welt um 11 Songs
schöner geworden ist.
Sue Foley |
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TEN DAYS IN NOVEMBER |
(Shanachie 8031/Koch) |
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Beastie Boys |
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HELLO NASTY |
(Capitol 4 95723 2/EMI) |
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