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Sein Name war Charlie Patton, und er spielte schnell. Er spielte
den One-Step, den Two-Step, spielte Charlston und Lindberg Hop und
Shimmy-She-Wobble, einen Paartanz, der so intensiv werden konnte,
daß Pattons Freund Bo Chatmon einen Samenerguß hatte, als er ihn
das erste Mal tanzte. Patton spielte seine Gitarre hinter dem Rücken,
über dem Kopf, zwischen den Beinen, mit der Zunge. Seine Saiten
waren etwas höher gestimmt als üblich, damit die Kiste laut war,
knallte, schnalzte, twäng, twäng, twäng, denn wir schreiben das
Jahr 1920 oder 1925 oder 1929, keine Verstärker, keine E-Gitarren,
keine Rückkopplungen, nur der Mann, seine Stella-Gitarre, seine
anzügliche Stimme und sein rechter Fuß.
Charlie Pattons rechter Fuß: in einem
schweren Arbeitsschuh, der zusätzlich mit Eisen beschlagen war,
nicht mit etwas Metall wie bei den Step-Tänzern, den eleganten Rhythmus-Freaks
der Großstädte, sondern mit Nägeln und einer Eisenplatte, denn hier
ist das Mississippi Delta, hier ist die Rede von Holzfällern, Baumwollpflückern,
Wanderarbeitern. Und Pattons Eisenfuß sauste auf die Dielen der
Bühne nieder, stundenlang, prügelte den Rhythmus in den kleinen,
verrauchten Raum mit 30, 50, höchstens hundert Tänzern, die redeten,
rauchten, lachten, sangen und stritten. Barrelhouse, Juke Joint,
House Frolic: billiger Fusel, Zahltaglaune, leichte Mädchen, schwere
Zunge, zu große Klappe; oft genug mußte Patton seine Gitarre nehmen
und laufen, was der schwere Schuh hielt. Die Kehle haben sie ihm
doch noch durchgeschnitten, danach war die Stimme nur noch schwach
und unsicher, aber der Fuß: Ohrenzeugen, Augenzeugen erinnern sich
an Wirte, die extra dicke Bretter unterlegen ließen, wenn Charlie
Patton spielte, andere brachten Kissen, damit die Nachbarn nicht
die Polizei holten, bumm, buuummm, bumm, bumm.
Die wenigen Stücke, die von Patton
erhalten sind, dauern knapp drei Minuten, was halt technisch so
auf eine Schellack paßte. Aber in jenen heißen, schwülen, durchgedrehten
Nächten zwischen 1915 und 1934, Pattons Todesjahr, dehnten sich
die Songs, dauerten eine halbe Stunde und länger, manisch, hypnotisch,
ekstatisch, flogen die Körper zum bummtwängtschakkatschakka durch
den Raum, flogen die Anfeuerungsrufe, Schmähungen, Zoten, flogen
Fäuste und Flaschen: flog die Musik. "Shake it and Break it", "Banty
Rooster Blues", "Down the Dirt Road Blues", "Pony Blues", "High
Water Everywhere" dauerten die ganze Nacht, acht, zehn Stunden am
Stück. Und je mehr Schnaps Patton getrunken hatte, desto ausufernder
und clownesker dröhnten die Riffs und die anzüglichen Verse, bis
der Entertainer vom Stuhl oder einer örtlichen Schönheit zum Opfer
fiel.
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