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Mein Zwerg, dein Zwerg Teil 1 : 2
Black Sabbath: Hebammen oder Totengräber der Rockmusik?  
 

Nun rolle ich nach Stunden der Stille meinen Meditationsteppich ein, aber die Wiedervereinigung von Black Sabbath ist immer noch Platz 1 auf meiner privaten jetzt-Lebenswert-Liste für das Jahr 1997. Bin ich krank, taub, von gestern oder alles zusammen?
     Es begann im Frühsommer. Ich träumte von einem Mann in Strumpfhosen, mit einem Motorradhelm auf dem Kopf und einem Säbel in der Hand. Ich fauchte meine Kinder an: "Mob Rules!" und schrieb eine halbstündige Black-Sabbath-Sendung fürs Radio. Bei der Recherche erfuhr ich selbst zum ersten Mal, daß Tony Iommi, Geezer Butler und Ozzy Osbourne aus einem miesen Viertel Birminghams stammen, daß sie sich ursprünglich Earth nannten und nach 1969 Englands Teenager mit einer Art Kasperletheater des Oberbösen so nachhaltig erschreckten, daß die eine Hälfte willig ihre Platten kaufte, die andere Hälfte selbst demnächst "Heavy Metal" genannte Musik zu fabrizieren und dabei laut "Aleister Crowley!" oder "666!" zu brüllen begann. Für mich waren sie einfach immer diese Band gewesen, deren erste LP ich mir beim Benninger Werner auslieh, auf meinen "Telefunken musikus 108V" legte und dann ein aufziehendes Gewitter hörte, schließlich eine Stimme von Umfang und Klang einer über Beton kreischenden Kellertüre aus Stahl: "What is this that stands before me?" Das müsse wohl Kunst sein, versuchte ich meiner Mutter zu erklären, die das Feld aber kampflos räumte. Satanismus war weiter kein Thema in unserer Familie, obwohl meine Großmutter väterlicherseits stets behauptet hat, dereinst von einem Teufel mit Runkelrüben beworfen worden zu sein und die Urgroßmutter mütterlicherseits eine "Anwenderin", der Einfachheit halber hier Hexe genannt, gewesen ist.
     Jedenfalls schleppte sich da aus dem kleinen Monolautsprecher träge, von irrlichternden Gitarrensoli durchfetzte Melodie-Lava, ein Soundblasen werfender Urschleim der Rockmusik, angerührt nach dem 1. Satz der Popdynamik, daß man vergröbern muß, was man nicht verfeinern kann. Die Black-Sabbath-Platten blieben sich über die Jahre beruhigend gleich, pro Seite drei Lava-Nummern, dazwischen ein cirka 90 Sekunden dauernde, irgendwie nach Johann Sebastian Bach klingende Akustikgitarren-Einlage, mit der man Musiklehrer besänftigen konnte. Besondere Ehrfurcht erzeugte das nie verifizierte Gerücht, Gitarrist Tony Iommi habe sich die Fingerkuppen durch Stahlplättchen ersetzen lassen, um einen härteren Anschlag zu haben. Wie der ausschaut, wäre es ihm immerhin zuzutrauen.
     Kaum war ich alt genug, einen Konzertbesuch bei Black Sabbath in Erwägung zu ziehen, trennte sich Ozzy Osbourne von seinen Blutsbrüdern. Black Sabbath dümpelten über ein Jahrzehnt von Sänger zu Sänger, um sich schließlich aufzulösen. Ozzy mußte mit dem Image leben, Fledermäuse mit seinen Zähnen zu enthaupten, seine Lead-Gitarristen durch selbstverschuldete Flugzeugabstürze zu verlieren und labile Jungamerikaner in den Freitod zu kreischen. Das trieb den heute zum Zeichen seiner Sensibilität eine Sylvester-Stallone-Intellektuellen-Brille tragenden Osbourne in Alkoholsucht, Ehe und Verfettung. Ein Entzug in der berühmten Betty-Ford-Klinik endete nach 24 Stunden mit den wunderschönen Begründung: "Ich habe keine Lust, jeden Tag mein Bett zu machen." Stattdessen mußte sich Ozzy vor Gericht verantworten, weil er im Suff das texanische Nationalheiligtum zu Alamo mit seiner Notdurft entweiht hatte, ach, und dieses noch und jenes: Es gab keine absurderen Bands auf Satans Erdboden als Black Sabbath oder Ozzy Osbournes Truppe.

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