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McLaren spielte das Spiel mit den
Formaten weiter: Cassette only, dann doch Vinyl, Singles mit nur
einer Seite, eine EP für den amerikanischen Markt, der von englischen
Apachenseeräubern nicht gerade begeistert war, Annabella raus aus
der Gruppe, rein in die Gruppe, ein verbotenes Cover mit einer halbnackten
Annabella als im Walde frühstückende Manet-Schönheit: all das konnte
mittelfristig nicht verhindern, daß aus McLarens Hype eine ganz
normale und nicht so wahnsinnig erfolgreiche Popband wurde. Die
Revolution blieb aus, CD und Sampler besorgten ein paar Jahre später
den Strukturwandel, den McLaren geahnt, aber falsch eingeschätzt
hatte. Ein paar Monate später hieß bereits: McLaren war nicht länger
Manager der Gruppe, die ihn als geilen Opa mit einem Haufen blöder
Ideen beschimpfte. 1982 erschien I WANT CANDY, produziert von Joan
Jett-Intimus und ehemaligem 1910 Fruitgum Company-Mann Kenny Laguna,
1983 dann das letzte und neben der Debüt-Single beste Werk, WHEN
THE GOING GETS TOUGH, THE TOUGH GET GOING unter der Regie von Mike
Chapman, der auch Blondie zu einigen Nummer 1-Singles verholfen
hatte und aus dem dünnen McLaren-Sound eine richtig schöne, fette
Trash-Operette bastelte.
Annabella war inzwischen stolze 17,
hatte mit 15 die Schule geschmissen, kurz eine Schauspielschule
besucht und mit Sicherheit überfordert, als sie mit drei älteren
Rockern um die Welt tingeln mußte. Wenigstens erhielt sie jetzt
auch Tantiemen als Texterin und führte in Interviews die von McLaren
erlernte Technik der Lügenbaronin fort: mal gab sie sich als Nichte
des ehemaligen UNO-Generalsekretärs U Thant aus, mal erfand sie
eine Bodybuilder-Karriere. Aber Annabella war nicht Malcolm McLaren;
Malcolm Mclaren war nicht Kim Fowley. Und Bow Wow Wow waren nicht
die Runaways. Nach der Auflösung von Bow Wow Wow und der Umbennenung
der Restgruppe in Chiefs of Relief tauchte Annabella noch gelegentlich
in den Klatschspalten und im Kleingedruckten auf. War da was mit
Magersucht? Oder war es eine Sekte? Oder nur eine neue Band? Ich
hab's vergessen.
Zitat Dave Barbarossa, Bow Wow Wow
Drummer: "Im Kern ging es draum, daß uns Annabella nicht leiden
konnte. Wir wollten zusammen mit McLaren eine neue Suzie Quatro
aus ihr machen, hart, aggressiv, aber davon wollte sie nichts wissen.
Sie lachte nicht mit uns, sprach nicht mit uns, wollte nichts von
Sex wissen, sondern haßte uns nur immer mehr. Sie wohnte nicht mehr
mit uns auf dem gleichen Stockwerk in den Hotels; sie reiste ohne
uns, fuhr nicht einmal Lift mit uns, schließlich erschien sie nicht
mehr zum gemeinsamen Soundcheck. Wir gaben uns Müühe. Wir kauften
ihr eine Gitarre, eine Mundharmonika. Wir suchten ihre Kleidung
aus. Wir brachten ihr das bißchen Singen bei und beschwerten uns
nie über die überflüssigen Takes im Studio, weil sie ständig alles
vermasselte. Wir überließen ihr die Credits für die Texte, obwohl
sie von uns waren. Aber es ging nicht."
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Diskographie
Bow Wow Wow: |
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SEE JUNGLE! SEE JUNGLE!
GO / JOIN YOUR GANG / YEAH, CITY ALL OVER / GO APE CRAZY! |
(RCA PL 25376) |
I WANT CANDY |
(EMI EMC 3416) |
WHEN THE GOING GETS
TOUGH, THE TOUGH GET GOING |
(RCA PL 25458) |
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ROUSTABOUT
GOING WILD IN THE COUNTRY
LOVE, PEACE & HARMONY
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