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Ein Musiker im Spannungsfeld zwischen Wirtshaus und Kirche, ein
halbvergessener Vertreter der zweiten Country-Blues-Welle aus den
frühen fünfziger Jahren: Lil' Son Jackson.
Am 17. August 1917 wurde im Nordosten
von Texas Melvin Jackson geboren, den sie später wegen seiner geringen
Körpergröße Lil' Son Jackson nennen sollten. Sein Vater Johnny war
Share Cropper, ein Pachtbauer, der die Hälfte seiner Ernte an den
Landeigentümer abgeben mußte. Seine Mutter hieß Ivora Allen, war
Mitglied der Holiness Church, spielte dort Gitarre und sang, während
der Vater zuhause nach der Arbeit zum Blues neigte und seinem Sohn
die ersten Griffe und Texte beibrachte. Als Melvin noch ein kleines
Kind war, zog die Familie weiter Richtung Dallas, später, Melvin
war ein Teenager, nach Corsicana. Von dort riß Melvin aus, um in
Dallas Automechaniker zu werden. Doch die Depressionsjahre und die
Zeit des New Deal zwangen Melvin, häufig den Job zu wechseln. Musik
machte er mit drei Freunden: Man nannte sich Blue Eagle Four und
sang bei Gottesdiensten. Das ging zehn Jahre so, bis Uncle Sam auch
Melvin brauchte, um die bösen Nazis in die Knie zu zwingen. Melvin
Jackson reparierte Lastwägen in Wales, Frankreich und Deutschland
und überließ das Schießen weitgehend anderen.
Nach dem Krieg vertauschte Melvin
die Uniform wieder gegen den texanischen Blaumann. Der Blues jener
Tage war, grob gesprochen, in zwei Lager zerfallen: die verfeinerte
Schule auf dem Weg zum Jazz und die Grobian-Schule um John Lee Hooker
oder Bo Diddley, in deren Fahrwasser auch der rohe Country Blues
eine zweite und letzte Blüte erlebte. Bei einem Volksfest nahm Lil'
Son Jackson auf Drängen seiner Freunde in einer Shellack-Bude zum
Preis von 25 Cent eine Scheibe auf, sandte sie ans Gold Star Label
in Houston, das sein Geld überwiegend mit Lightnin' Hopkins verdiente
und bekam zwei Wochen später zu seiner nicht geringen Verwunderung
eine Fahrkarte zugeschickt: Seine Fassung des ROBERTA BLUES hatte
gefallen.
Gold Star gehörte Bill Quinn, der
eigentlich Radios reparierte und während des 2. Weltkriegs erfolgreich
Shellacks mit Grüßen an Soldaten an den Mann brachte. Nach dem Krieg
blieb Quinn bei der Schallplatte, hatte 1946 mit JOLE BLON in der
Fassung von Harry Choates einen ersten Hit und bediente sowohl den
Hillbilly- wie auch den Race-Markt. Besonders zeichnete es Bill
Quinn aus, daß er seine Musiker angemessen bezahlte: pro Titel gab
es 200 Dollar und ab und zu sogar Tantiemen-Schecks. Lil' Son Jackson
war begeistert, schmiß seinen Mechaniker-Job hin und wurde Profimusiker:
12 Songs nahm er in den Jahren 48 und 49 für Gold Star auf, genug,
um Lew Chudds Imperial Label in Kalifornien auf sich aufmerksam
zu machen. Imperial sollte später mit Dave Bartholomew und Fats
Domino reich werden, aber auch mit einem Lil' Son Jackson war ein
wenig Geld zu verdienen. Bis 1954 dauerte die über fünfzig Songs
umfassende Zusammenarbeit. Der größte Hit für Lil' Son Jackson und
Imperial hieß ROCKIN' AND ROLLIN'.
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MOVIN' TO THE COUNTRY
EVERBODY'S BLUES
ROBERTA BLUES
ROCKIN' AND ROLLIN'
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