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Gershom Kingsley (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3 : 4
 

     Gershom Kingsley hatte in jenen Jahren der leichten Muse natürlich auch den bekannten Drang zum Höheren, Wertvolleren: Er begann sich für fernöstliche Lebensweisheiten zu interessieren und die musikalische Avantgarde auszuchecken, die gerade in Fluxus und Performance machte. Bereitwillig rieb er mit John Cage Steine aneinander oder ließ mit Ping-Pong-Bällen nach Mikrophonen werfen - allein, seinem Humorbedürfnis entsprach dies nicht. Gershom Kingsley war schon mehr der Typ fürs Knackige, der in dieser Szene um John Cage, Merce Cunningham oder Buckminster Fuller stets das Gefühl hatte, in des Kaisers neuen Kleidern herumzulaufen. Die Kontakte zur Avantgarde wurden seltener und schliefen Anfang der siebziger Jahre ganz ein.
     Stattdessen lernte er 1964 in seiner Funktion als Arrangeur für Vanguard Records einen seltsamen Franzosen kennen, der mit seinem Keyboard, einer Ondioline, gelegentlich als Novelty Nummer im Fernsehen auftrat: Jean-Jaques Perrey. Doch Perrey hatte mehr drauf: Er wollte seinen Act mit Mitteln der musique concrète aufmotzen, also mit Alltagsgeräuschen, die mittels Tonabndschleifen musikalisiert werden - damals in Europa der ziemlich letzte Schrei in der E-Musik. Perrey zeigte Kingsley sein Studio und die zigtausend Bandschnipsel, der sprach mit dem Vanguard-Boß - und wenig später erschien THE IN SOUND FROM WAY OUT, Ergebnis tagelanger Bandklebeorgien, die von der Ondioline begleitet wurden, alles im Vierspur-Verfahren aufgenommen - die Steinzeit des Samplings. Berühmt: der bei Rimsky-Korsakov abgekupferte HUMMELFLUG, das Ergebnis von 46 Stunden Schneidearbeit mit 1,03 cm langen Bienenschnipseln...
     Den beiden Schleifenlegern und Bandschnipslern wurde die stupide Arbeit in ihrem Experimentalstudio bald zu dumm: Sie wollten ihre lustigen Musique-concrète-crossover-novelty-Stockhausen-Dinger irgendwie leichter zurechtschneidern, zumal sie nach dem Erfolg von THE IN SOUND FROM WAY OUT mit Arbeit für Radiojingles und Werbespots geradezu überschüttet wurden. Neben der Adaption von klassischer Musik und Schlagern trafen sie nämlich mit kleinen Space Operas voll den Nerv der Zeit, während sich auf der anderen Seite des Atlantiks ihr Bruder im Space-Geist, Joe Meek, wegen anhaltender Erfolglosigkeit gerade eine Kugel durch den Kopf schoß...

Perrey/Kingsley
FLIGHT OF THE BUMBLE BEE

 

 

 

Perrey/Kingsley
THE LITTLE MAN FROM MARS

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