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Rahsaan Roland Kirk (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3 : 4
 

     Wenn Roland Kirk spielte, dann spielte er volle Kanne - im wahrsten Wortsinn. Er spielte die Musik, die in seinem Kopf stattfand - auf der Basis der großen schwarzen Musiker, die vor ihm schwarze Musik definiert hatten: Louis Jordan, Sidney Bechet, Lester Young, Charlie Parker. Klar, daß er dadurch ein ungeeigneter Sideman war. Roland Kirk war immer nur Bandleader, niemals Mitmusiker eines berühmteren Kollegen - mit einer halben Ausnahme. In New York gab es um 1960 einen, der schien den gleichen Lärm in seinem Kopf zu hören wie Roland. Und als Roland Kirk mit 24 zu seinen ersten Plattensessions nach New York reiste, ein Niemand, ein Gerücht aus der Provinz, da stellte er sich bei dem berühmten Gesinnungsgenossen vor, beeindruckte diesen durch seinen Sound und die Tatsache, daß er auswendig dessen Kompositionen spielen konnte. Der dicke Choleriker wurde weich und engagierte Roland Kirk für 12 Wochen, in denen auch eine Plattensession für Warner stattfand. Deshalb hören wir Roland Kirk fast alle Saxophonparts auf OH YEAH spielen, der verrückten Bluesplatte von CHARLES MINGUS: HOG CALLIN' BLUES.
    Charles Mingus war ein guter Grund nach New York zu kommen, aber der eigentliche Anlaß war eine Session unter eigenem Namen für Mercury Records, für die und für Verve Kirk in den frühen sechziger Jahren am meisten aufnahm. Besonders Quincy Jones hatte ein Ohr für den jungen Multibläser und förderte ihn eine Weile. Allerdings überhörten viele Zeitgenossen, daß die Zirkusnummer Roland Kirk auf der Basis eines voll ausgebildeten und ständig dazulernenden Künstlers Roland Kirk stand. So wundert es nicht, daß vor allem Musiker die verdiente Anerkennung spendeten, weniger Kritiker und reines Jazzpublikum, die gerade eine Phase schwerer Ernsthaftigkeit durchmachten. Aber Kirks Platten verkauften doch immerhin so gut, daß er seinen Stiefel voll durchziehen konnte. Er bot auch für jeden etwas: Artistik, Bearbeitung klassischer Musik, Standards, avantgardistische Klänge, neue Sounds und Effekte, hippen Gesang, wenn es sein mußte, später Studiotricks und Bandzuspielungen, einfach alles. Hier eine Liste der Pop- und Rockmusiker, die sich direkt auf Roland Kirk beziehen, die mit ihm jammten oder stilistische Anleihen bei ihm machten: Eric Burdon, War, Jethro Tull, Osibisa, Eric Clapton, Frank Zappa, Colosseum, Rip Rig & Panic, Hal Willner. Im Verlauf der sechziger Jahre veränderte sich der musikalische Schwerpunkt Roland Kirks weg vom reinen Jazzbegriff, hin zur afroamerikanischen Musik, von der Jazz nur ein Teil ist. Bürgerrechtsbewegung, Vietnamkrieg, Straßenschlachten und Polizeibrutalität - das konnte nicht ohne Folgen bleiben auf einen so sensiblen Menschen wie Roland Kirk - und auch nicht auf seine Musik.

Charles Mingus
HOG CALLIN' BLUES

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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