|
Joe Meeks Geschichte zu erzählen
ist ungeheuer kompliziert. Zu hektisch und groß war der Output an
Singles, zu unübersichtlich das Heer von Mitverlegern, Mittechniker,
Kopisten, getürkten Gruppennamen, Intrigen und privaten Besessenheiten.
Neben den Todessongs rangierte der Weltraum/Außerirdischen-Trip
allerdings ganz vorne im Meek'schen Gesamtwerk. Bereits 1960 startete
Meek das Projekt The Blue Man, hinter dem er selbst plus Studiomusikern
steckte. Diese Platte war a) eine EP mit vier Songs, b) in Stereo,
hatte c) einen umfangreichen Covertext und hieß d) I HEAR A NEW
WORLD - AN OUTER SPACE MUSIC FANTASY, alles seltsam genug für 1960.
Die Musik muß aus "einer Collage aus Stimmen und Geräuschen zu verzerrter
und zerhackter Gitarren- und Orgelmusik" bestanden haben. (Leider
konnte ich sie nirgends auftreiben.) Der kommerzielle Erfolg stellte
sich allerdings erst mit TELSTAR ein, einer Hymne auf den ersten
Fernmeldesatelliten. Die Tornados gaben die Gitarrenfront ab für
vorbeirasende Züge, Geräuschoverdubbing und Bandgeschwindigkeitsmanipulationen.
Fünf Millionen Stück wurden auf Anhieb verkauft und Joe Meek galt
als Genie.
Neben Obsession Nummer 3, dem Buddy-Holly-Kult,
blieb Joe Meek bis zu seinem Tod dem Weltraum-Spektakel treu. Singles
erschienen mit Titeln wie LIFE ON VENUS, MARCH OF THE SPACEMEN,
LOST PLANET oder SKY MEN. Auch eine der letzten Meek-Produktionen
aus dem Jahr 1966 läßt nochmals die Mondbewohner auftreten.
Zwischen 1960 und 1966 erschienen
700 Meek-Produktionen auf Platte, allein 1963 waren es 74. Über
sechzig Kisten mit fertigen Bändern wurden nach Joe Meeks Tod entdeckt.
Seine Monsterhitmaschinen waren neben den aberhundert Flops Screaming
Lord Sutch, Heinz, die Tornados und die Honeycombs. Joe Meeks Abstieg
ging mit dem Umschwung der Pop-Großwetterlage einher. Mersey Beat
war sein Ding nicht, eigenständige Musikpersönlichkeiten schon gar
nicht, Kunst hatte für ihn nur mit Studiokönnen zu tun, das andere
Studioingenieure langsam bei ihm abzuschauen begannen, was den ohnehin
paranoiden Meek zur Weißglut brachte. Als ihm Feinde aus der Branche
auch noch später abgelehnte Plagiatsverfahren und einen ebenso unbegründeten
Prozeß wegen Unsittlichkeit anhängten, drehte Meek endgültig durch.
Er hielt keine Verträge mehr ein, bezahlte seine Musiker nicht mehr
oder zertrümmerte bei kleinsten Anlässen seine Studioeinrichtung.
Die immer seltener werdenden Hits brachten auch noch den Geldzustrom
zum erliegen; Joe Meek war am Ende. Andere, wie Ritchie Blackmore,
den wir gleich als Meek'schen Lohngitarristen hören werden, bauten
auf seinem Erbe eine eigene Superstarkarriere auf.
|
Tornados
TELSTAR
Glenda Collins
IT'S HARD TO BELIEVE
Andy Cavell
TELL THE TRUTH
Weiter
>>
|