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Es ist eine dieser Geschichten, in denen eine Band ihre Karriere
voll an den Baum zu donnern scheint: Da raufen sich Verve wieder
zusammen, nehmen ihr drittes Album URBAN HYMNS auf und stoßen auf
Gold mit der Single BITTER SWEET SYMPHONY, und eines Morgens klingelt
dann das Telefon, und der Manager ist dran und muß seinen unausgeschlafenen
Buben erklären, daß alle irgendwie nicht aufgepaßt haben: BITTERSWEET
SYMPHONY basiert auf einem Sample des Jagger/Richard-Stückes THE
LAST TIME, veröffentlicht in der Fassung des Andrew Oldham Orchestra.
Ja, man habe die Sampling-Erlaubnis von der Plattenfirma Decca.
Aber nein, was man nicht habe, ist die Zustimmung des Musikverlages
Abkco: Und die wollen jetzt die vollen 100 Prozent. "Unser Geschäft
liegt nicht in einer Tätigkeit als Sampling-Bereitsteller". Warum
dies alles so kompliziert ist und Verve etwa 2 Millionen Pfund an
einen gewissen Allen Klein überweisen müssen - siehe Andrew Loog
Oldham...
Andrew Loog Oldham ist der Sohn einer
braven Britin und eines holländischen Fliegeroffiziers in amerikanischen
Diensten, der 1944 über Deutschland abgeschossen wurde. Seine Kindheit
verbrachte er in einer Privatschule, die zeitweise von einem Hochstapler
geleitet wurde und dessen Fähigkeit, mit jedem Scheiß durchzukommen,
Andrew extrem geprägt haben muß. Mit 11 Jahren trieb sich Andrew
bereits im Rotlicht-Milieu Londons herum und besuchte Schwulenbars
in Soho. Mit 16 ließ er die Schule sausen und suchte Anschluß an
die Glitzerszene der Stars und Sternchen. Er marschierte einfach
in den Laden der damals angesagtesten Modeschöpferin Großbritanniens,
Mary Quant, und fragte um einen Job. Er durfte die Fenster dekorieren.
In der Mittagspause klapperte er Musikverlage in der Denmark Street
ab, um sich als Popstar vorzustellen, allerdings ohne Erfolg. Andrew
verlegte seine Tätigkeit an die Riviera, jobbte als Kellner und
Dekorateur, heckte mit zwei Journalisten den Plan aus, eine Millionärstochter
zu entführen und zu heiraten, aber als der Plan aufflog, mußte sich
der 18jährige schnellstens nach London absetzen.
Andrew Loog Oldham ergatterte in London
einen Job als Pressefritze bei einem Musikverleger, aber seine Hauptaufgabe
war es, das Bett des Schlagersängers Mark Wynter zu wärmen. Der
lehrte ihn eine gewissen Sinn für Stil: "Mark ist morgens immer
sehr früh ins Bad geschlichen, hat sich gewaschen, rasiert und die
Haare gerichtet. Dann legte er sich wieder ins Bett, setzte sich
kurz danach auf und weckte mich, wobei er so tat, als sei er selbst
eben erst aufgewacht. Ich sollte glauben, er sehe selbst nach dem
Aufstehen bereits so toll aus. Das war echte Image-Pflege." Als
sich eine Gelegenheit bot, vom Schlagersänger zu Brian Epstein,
dem Beatles-Manager zu wechseln, griff Oldham zu. Allerdings ließ
ihn Epstein nicht an die Beatles ran; er mußte sich um Versager
wie Wayne Fontana oder Billy J. Kramer kümmern. Neben diesem Job
gründete Oldham seine eigene PR-Firma und fand ein neues Idol in
Phil Spector, den er bis ins Detail zu kopieren versuchte. Der amerikanische
Teenager-Mogul gab Oldham den Rat, nie die Rechte an seinen Künstlern
aufzugeben und die Plattenfirmen nie an die Bands ran zu lassen,
verschwand in seiner schwarzen Limousine und ließ einen Andrew Oldham
zurück, dem jetzt nur noch die Band fehlte, mit der er Spectors
Rat befolgen könnte.
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Verve
BITTER SWEET SYMPHONY
The Andrew Loog Oldham Orchestra
and Chorus
LA BAMBA
Andrew Loog Oldham Orchestra
365 ROLLING STONES
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