Musikmeldungen aktuellMusikstromKolumnenSoundcheckPopalphabetGastbeiträgeWeblinksKontaktinfo
Home
Übersicht Manuskripte
Andrew Loog Oldham (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3
 

     Im Frühjahr 1963 gab ein befreundeter Journalist Andrew Loog Oldham den Tip, sich mal eine R&B-Combo draußen in Richmond anzuschauen, die The Rolling Stones hießen und keinen richtigen Manager hätten. Bill Wyman: "Andrew hat so geredet wie wir, war so alt wie wir, war so angezogen wie wir. Es schien ihn genau das gleiche zu interessieren wie uns: den Blues in England etwas bekannter zu machen." Der Blues in England war Andrew Oldham allerdings völlig egal: Er erkannte Sex Appeal, eine Karriere ohne Gleichen, Rolls Royces mit verspiegelten Fenstern, Ruhm. Als erstes feuerte er den häßlichen Keyboarder Ian Stewart und stellte ihn gleich als Roadie wieder ein. Dann engagierte er den erfahrenen Agenten Eric Easton, der die eigentliche Arbeit für die Gruppe erledigen sollte. Als nächstes marschierte er in das Büro von Dick Rowe bei Decca, der Mann der die Beatles abgelehnt hatte, legte seine Füße auf dessen Schreibtisch und handelte einen noch nie dagewesenen Vertrag aus: Gruppe nimmt unter seiner Regie auf, auf keinen Fall in den Decca Studios, Rechte bleiben bei den Komponisten, Band kassiert 5% vom Ladenpreis. Zum Vergleich: die Beatles bekamen damals ein Fixum von einem Penny pro Platte. Andrew Loog Oldham fühlte sich wie Phil Spector, nein, größer als Phil Spector und ging mit den Stones ins Studio, die dort feststellen mußten, daß ihr neuer Manager zwar hustler-technisch eine Kanone war, aber weder von Musik noch von Studios eine Ahnung hatte. Dafür konnte er eben Cover-Texte verfassen, die dazu aufriefen, blinde Bettler zusammenzuschlagen, um an das Geld für eine neue Stones-LP zu kommen.
     Diese Clockwork-Orange-Herrlichkeit dauerte etwa bis 1965, als Andrew Oldham aus einer Mischung von Überheblichkeit und Dummheit die geschäftliche Seite an den amerikanischen Manager Allen Klein abgab, um sich mehr um seine Labelgründung Immediate und seine Produzentenambitionen kümmern zu können. Klein nahm ihm Lauf der Jahre Oldham und den Stones so ziemlich alles, was sie hatten, Geld, Rechte, und er besitzt sie heute noch, wie Verve eben verbittert feststellen mußten. Bis heute ist es Jagger/Richards nicht gelungen, ihren von Oldham ursprünglich so genial freigekämpften Urheberrechtsanspruch am eigenen Material zurück zu erlangen. Dazu räuberte Klein noch die Beatles aus und zwar immer legal, immer unanfechtbar, immer eiskalt: ein Meister des Kleingedruckten. Oldham dagegen war viel zu sehr Hipster, um so öde legale Dinge lange genug durchhalten zu können. Marianne Faithful, neben Nico, Small Faces oder The Nice einer seiner Immediate-Stars, charakterisiert und beschreibt ihn so: "Mick oder die Stones interessierten mich anfangs nicht die Bohne, dagegen war der total lockere, exotische Andrew Loog Oldham ein anderes Kaliber. Er traf mich auf einer Party, sagte zu anderen, er habe einen Engel mit großen Titten gesehen und nahm mich unter Vertrag. Einen wie Andrew hatte selbst ich noch nicht getroffen. In wirren, kaum verständlichen Sätzen blubberte er alle möglichen wahnsinnigen Ideen heraus, über Mode und Filme bis hin zu Pop-Art. Er trug Lidschatten und sah ein wenig feminin aus. Das war sein Trick: Die Kerle nahmen ihn nicht mehr ernst, wenn sie sein dickes Make-Up sahen, und schon war er mit ihren Mädchen weg." Immediate war ein extrem erfolgreiches Label, und bis heute versteht niemand so recht, wie es Oldham und seinem Partner Nick Calder gelungen ist, diese Goldgrube zu ruinieren.

Rolling Stones
NOT FADE AWAY (LIVE)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Marianne Faithful
AS TEARS GO BY

Weiter >>

 

Musikmeldungen aktuell | Musikstrom | Kolumnen | Soundcheck | Popalphabet | Gastbeiträge | Weblinks | Kontakt