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1978, als Punk und New Wave und Disco die heile Welt der Rockmusik
in Schutt und Asche legten, holte Todd Rundgren - fahl, hager, mit
Schatten um die Augen, langem, strähnigen Haar und dünnen, untrainierten
Oberarmen - eine LP voller Westcoast-Wehmut aus seinem Eastcoast-Studio:
Es erschien HERMIT OF MINK HOLLOW, die erste kommerziell nennenswerte
LP seit 1973, die Rundgren, gerade mal 30 Jahre alt, als fähigen,
aber indiskutablen Boring Old Fart für immer disqualifizieren sollte.
Rundgrens zeitfremde, aber kommerziell
erfolgreiche Adult-Oriented-LP HERMIT OF MINK HOLLOW schließt seine
songwriter-orientierte Arbeit weitgehend ab. Sie wirkt mit ihren
heute idealtypisch nach 70er Jahre klingenden Liedern wie ein Geschenk
an alte Fans, bevor sich der Maestro endgültig neuen und hardware-definierten
Projekten zuwandte.
Live war Rundgren Ende der siebziger
Jahre immer öfter allein zu sehen und zu hören, Utopia-Tourneen
ausgenommen, mit Video-Zuspielungen, Tapemaschinen und Computern.
1978 präsentierte er das erste interaktive Live-Fernsehkonzert aus
Columbus, Ohio. 1979 eröffnete er ein Video Studio, in dem er als
erstes Projekt für RCA Gustav Holsts DIE PLANETEN visualisierte
- als Demonstrationsmaterial für RCAs neues Videodisk Format.
1980 produzierte er TIME HEALS, das
erste Musikvideo, das Live-Bilder mit Computeranimation verband
und als zweites Filmchen bei MTV über Sender ging. Mitte der achtziger
Jahre stieg er aus Enttäuschung über die MTV-Ästhetik aus dem Video-Geschäft
wieder aus. 1981 entwickelte er ein Zeichenprogramm für PCs. 1982
spielte er das erste Live-Konzert für Kabelfernsehstationen. 1983
füllte er die Portokasse wieder auf mit einem halbwegs erfolgreichen
Album, THE EVER POPULAR TORTURED ARTIST EFFECT, und einem Hit...
Fast überflüssig zu sagen, daß 1985
mit A CAPELLA gleich wieder ein Album erschien, das für das Rundgren-Stammpublikum
eher unanhörbar war. Und für Nicht-Technik-Freaks aus dem Nicht-Adult-Oriented-Spektrum
schlicht uninteressant. Rundgren fertigte auf A CAPELLA alle Songs
aus gesampelten Stimmpartikeln: Art For Art's Sake.
Sympathisch macht den langen Dürren,
daß er immer wieder Zeit fand für Projekte, die nicht so technikorientiert
und modernistisch daherkamen. So komponierte er 1989 die Musik für
eine Off Broadway-Produktion mit dem Titel JOE ORTON'S UP AGAINST
IT, einem alten Drehbuch, aus dem einmal ein Beatles-Film hätte
werden sollen. Und wenig später stand er im Bademantel und höchst
albern aufgelegt als Teil der Ringo All-Starrs auf der Bühne der
Unterfrankenhalle in Aschaffenburg. Dazu existiert eine wöchentliche
Radio Show namens THE DIFFERENCE WITH TODD RUNDGREN, die von 35
Radiostationen in den USA übernommen wird. Seit ein paar Jahren
widmet sich Todd Rundgren der Integration seiner Computer-Kenntnisse
in das Musikgeschehen. So erschien 1993 eine dreistündige CD-i mit
dem Titel NO WORLD ORDER, deren 1000 Partikel vom Höörer selbst
neu zusammengesetzt werden konnten. Dazu gab es von Rundgren quasi
live bei Radiostationen gemischte Versionen, die er nach seinem
Besuch den jeweiligen Stations überließ, so daß in jedem Staat andere
Versionen seiner CD über Äther gingen. Weniger Technik-orientierten
Fans stellte er NO WORLD ORDER und eine etwas eingängigere Fassung,
NO WORLD ORDER LITE, als normale CD zur Verfügung. Hier FASCIST
CHRIST, Version 1.0, Hinweis darauf, daß Rundgren zwar Computer,
Sampling und Rap kennt, aber vom musikalischen Ansatz und der Art
zu texten nicht weiter als 1975 mit Utopia ist...
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CAN WE STILL BE FRIENDS
TOO FAR GONE
BANG THE DRUM ALL DAY
SOMETHING TO FALL BACK ON
FASCIST CHRIST
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