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Them (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3
 

     Die Monarchs wollten es wissen und mit ihnen Van, so nannte er sich inzwischen: Auf der Bühne mutierte der introvertierte Sonderling zum Show-Tier, spielte Saxophon auf den Schultern eines Mitspielers, sang sich die Seele aus dem Leib, praktizierte eine Art Stage Diving, wälzte sich am Boden und gab sein wörtlich letztes Hemd für eine gute Show. 1962 gingen die Monarchs auf Schottland-Tournee, danach nach London, weiter nach Deutschland, wo sie mit BOOZOO HULLY GULLY einen kleinen Platten-Hit hatten und hauptsächlich vor schwarzen GIs spielten, was Vans Rhythm'n'Blues-Ausbildung abrundete. Zurück in Belfast eröffnete Van neben seiner Tätigkeit in Show-Orchestern Nordirlands ersten R&B-Club THE MARITIME, wo sich am 17. April 1964 ein erstes Mal eine Gruppierung unter dem Namen Them auf die Bühne stellte. Die schiere Gewalt der Combo machte sie bald notorisch für jene Sorte britischen Garagenpunkblues, der gerade von den Stones hitparadenfähig gedroschen wurde. Thems Ruf drang bis ins snobistsche London, wo sie Deccas A&R-Mann Dick Rowe unter Vertrag nahm - genau jener, der die Beatles abgelehnt hatte. Genauer: Rowe machte einen Vertrag mit Phil Solomon, einem Londoner Musikagenten, der sich die Rechte an Them gesichert hatte - was zu einer jener tragischen Geschichten führte, in der die Musiker zwar immer Geld für Schnaps und Zigaretten, der Manager aber Geld für Rolls Royces hat. Im Juli 1964 fand Thems erste Decca-Session statt mit den üblichen Studiomusikern, die den schwächeren Original-Mitgliedern vorgezogen wurden und einer eher schlappen ersten Single, DON'T START CRYING NOW, wobei die ersten Monster-Garagenpunk-Nummern schon im Hintergrund lauerten, etwa ONE TWO BROWN EYES.
     Das klang einfach anders als die amerikanischen Vorbilder: schneller, jünger, härter, schlichter, lauter, hysterischer. Der erste Hit kam mit Single Nummer Zwei, BABY PLEASE DON'T GO, Rückseite Morrisons Originalkomposition GLORIA. Heute scheint diese Nummer vom Oldie-Radio totgespielt, hundertfach gecovert von guten und schlechten Interpreten, ältliche Tanzmusik, bestenfalls historischer Garagenpunk. Aber macht man sich frei von all den GLORIAS, die man kennt oder gar nicht kennen will, bleibt Thems Original ein erstaunliches Stück Pop. GLORIA setzt ein mit einer Rhythmusgitarrenwand, von der man heute sagen würde, sie sei von Velvet Underground inspiriert, aber sie geht den Velvets zwei Jahre voraus. Darüber gibt Van Morrison den Reserve-Jagger, was nicht weiter schlimm ist, weil die geniale Buchstabier-Idee aus dem Fundus der Show-Kapellen die Zeit gekonnt überbrückt bis zum ersten Rhythmusgitarren-Solo, das ich kenne: großes Twänging. Danach hysterisches Schlagzeug-Geklöppel, das alle Intensitätsrekorde des Jahres 64 und folgende bricht - und dann ist GLORIA schon vorbei, Punkrock eben.

ONE TWO BROWN EYES

 

 

 

 

 

 

 

GLORIA

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