Musikmeldungen aktuellMusikstromKolumnenSoundcheckPopalphabetGastbeiträgeWeblinksKontaktinfo
Home
God save the Song (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3
 

     Und was während der letzten Jahre etwas eklige Hitparaden-Usance einiger US-Rapper war, nämlich alte Hits zu zeitgenössischen Beats durchs Dorf zu treiben und damit ein Vermögen zu verdienen, erlebt auch hier in Deutschland eine ungeahnte und eher im Underground angesiedelte Renaissance: Die Musiker an ihren Computern verabschieden sich scheints mehr und mehr von der akzeptiert postmodernen Praxis des Zitats und schreiten gleichzeitig vor und zurück zur Coverversion, einer fast obsoleten Form der Huldigung. Ob DJ Hell, Arj Snoek, Fuschimuschi oder Wunder: Die elektronische Musik wendet sich wieder dem Song zu, vielleicht nicht in einem klassischen, wenigstens aber in einem empathischen Sinn, was zumindest in Großbritannien ulkige Früchte trägt: Triumphierten vor Jahresfirst die Propellerheads mit ihrer Big-Beat-Wiederbelebung von Shirley Bassey, versuchen es nun The All Seeing I mit dem Schlager-Untoten Tony Christie.
     In Deutschland erscheint demnächst ein Album mit dem passenden Titel "Pop Artificielle" von lb, ein pfundiges Alias, hinter dem sich ein gewisser Uwe Schmidt verbirgt. Es ist ein reines Cover-Album mit "Angie", "Silence is Golden" oder "Jealous Guy" - und es ist großartig. Wie vor zwanzig Jahren Flying Lizards, Human League oder Hybrid Kids grandios Zuflucht nahmen bei der Coverversion, um im Schutz des Ironieverdachts und der bekannten Wörter und Melodien das Terrain zu sondieren für eine eigene Form des Songwritings, so scheint mir die zeitgenössische elektronische Musik derzeit an genau dieser Schwelle zu stehen. Die Formensprache ist abgeklärt, das Handwerkszeug liegt parat, das Material - hier: die Songform - wird getestet am Bekannten. Und bald wird einer den ersten Schritt tun. Nach vorn, zum Song. Ins neue Jahrtausend.

 

 

Musikmeldungen aktuell | Musikstrom | Kolumnen | Soundcheck | Popalphabet | Gastbeiträge | Weblinks | Kontakt