|  |      Bevor er in den 60er und 70er Jahren 
              als Autor für einen Musikverlag Country- und Popstars mit Reimen 
              und zu Musik gewordenem Sentiment versorgte, dilettierte Chip Taylor 
              in diversen Rockabilly-Bands, doch dann fand er eben diese seine 
              Berufung - mit Talent und handwerklichem Know-how für andere Songs 
              zu schreiben, die erfolgreich waren: "I Can Make it with You" für 
              Jackie De Shannon, "I Can't Let Go" für die Hollies, "Try" für Janis 
              Joplin, "Angel of the Morning" für P.P.Arnold, "Welcome Home" für 
              Dusty Springfield, "Son of a Rotten Gambler" für Anne Murray. Hits 
              für Waylon Jennings, Willie Nelson, Ike & Tina Turner, Nancy Sinatra, 
              Johnny Cash. Und schließlich "Any Way That You Want Me" und "Wild 
              Thing" für die Troggs. Genau: Jenes "Wild Thing" mit seiner unterschwelligen 
              Schlüpfrigkeit und einer wohldosierten Portion Rebellion, das Jimi 
              Hendrix 1967 in Monterey als "die neue Nationalhymne der Vereinigten 
              Staaten" ausrief, das zwischenzeitlich von der Punkband X zu neuen 
              Hit-Ehren geführt wurde und mittlerweilen zwar nicht die Hymne einer 
              sexuell befreiten Nation, aber wenigstens der Evergreen im Oldies-Radio 
              und in amerikanischen Baseball-Stadien geworden ist."Wild thing, you make everything - 
              groovy." Dada dadam. "Wild thing, I think I love ya!" Wieviele Songs 
              gibt es, dada dadam, die das kollektive Unbewußte derart generationsübergreifend 
              infiziert haben? "Satisfaction"? "Louie Louie"? "You Really Got 
              Me"?
 Aber die Tage der Auftragsarbeiten 
              für Popbands waren gezählt; ähnlich dem Autorenkino setzte sich 
              gerade zu der Zeit, als Chip Taylor seine Hits verfertigte, ein 
              Selbstverständnis des Popmusikers als Singer/Songwriter durch, das 
              keine anonymen Handwerker im Hintergrund mehr dulden will. Chip 
              Taylor zu der Journalistin Tanya Dewhurst: "Früher hieß es, der 
              oder der brauche einen Song. Dann setzte ich mich hin und schrieb 
              das Gewünschte. Heute glaubt ein jeder, das selbst zu können."
 Auch Chip Taylor versuchte sich in 
              den 70er Jahren als Interpret der eigenen Songs und das soeben wiederveröffentlichte 
              Country-Album "Last Chance" ist ein mehr als respektabler Versuch 
              in Sachen selbstreflektierter Genre-Musik. Und die CD "Hit Man" 
              von 1996 mit eigenen Versionen der Erfolgslieder zeugt zwar von 
              der Wandlungsfähigkeit des Materials, aber auch davon, daß es in 
              fremden Händen oft besser plaziert war. Wirklich erstaunlich sind 
              dagegen die zwei von ihm selbst als Comeback-CDs apostrophierten 
              Alben "The Living Room Tapes" und das hemmungslos verliebte "Seven 
              Days in May", bei dem Rick Danko und Garth Hudson von The Band, 
              Lucinda Williams und Guy Clark beisprangen, um die verzweifelte 
              Liebeserklärung eines Freundes an die Frau zu bringen.
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