|
Die Relevanz der Low-fi-Musiker,
von der Unverbrauchtheit der Songs und ihrer direkten Wirkung einmal
abgesehen, läßt sich indirekt aus bestimmten wiederkehrenden Symptomen
ableiten, die immer dann auftraten, wenn die Popmusik sich tiefgreifend
wandelte. Hier ist das gleichzeitige, weltweite Auftauchen dieser
Bands und Interpreten zu nennen: also werden in Chicago und Weilheim
identische Lösungen für gleiche Problemstellungen angeboten. Weiters
die Verunglimpfung des neuen Trends durch die Meinungsmacher in
Medien und Plattenfirmen: Sofort ist wieder von "grassierender Low-fi-Manie"
die Rede, wird gerade diese erst einmal kommerziell unwichtige Musik
als Masche denunziert, fühlt sich also das Rock/Punk-Establishment
bedroht. Und drittens sichern sich langsam und unauffällig die wacheren
unter den A&R-Managern die Rechte an Low-fi-Bands und deren Musik.
Relevanz leitet sich aber nicht nur
aus Äußerlichkeiten ab: Musikalisch besticht bei Low-fi-Gruppen
die radikale Infragestellung handwerklich und inhaltlich erreichter
Positionen und die Erforschung bisher als für guten musikalischen
Geschmack Tabu bezeichneter Bereiche, etwa Fusionmusik der siebziger
Jahre. Kurzfristig nicht mehr haltbar wird die stilistische Eingrenzung
der neuen Welle auf die kärglichen Produktionsbedingungen sein:
In Chicago, wo die meisten Fäden des neuen Trends zusammenlaufen,
arbeiten hochbegabte Techniker und Musiker an einer völlig hi-fi-kompatiblen
Variante der Low-fi-Ästhetik, die nur noch über die Musik, also
ihren Inhalt zu definieren und genießen sein wird. Ein neues Kapitel
Popgeschichte hat fast unbemerkt begonnen: Und es wird mal wieder
großartig sein.
|
|