Musikmeldungen aktuellMusikstromKolumnenSoundcheckPopalphabetGastbeiträgeWeblinksKontaktinfo
Home
Geräusche aus den 80er Jahren (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3
 

     Den Vogel abgeschossen aber haben - neben der 2raumwohnungs-Humpe - die Frauen von Malaria!, einer der ersten und auf Dauer erfolgreichsten Gruppierungen der Neuen Deutschen Welle. Auf der CD "Malaria! versus..." verwandeln so grundverschiedene Charaktere wie Love-Parade-Apologet Dr. Motte, ein Gemütlich-Elektroniker wie Thomas Fehlmann, ein Tanzflächen-Genius wie DJ Koze oder die Wilden Weiber von Chicks on Speed die immer etwas selbstgehäkelt wirkenden - als wollte man den "Bullenschweinen" einen Schal um die Ohren hauen - Liedchen der frühen Malaria-Anfälle in club-kampftaugliche Bazookas, die Hitparade im Fadenkreuz, die Springer-Stiefeletten aber fest verankert im schlammigen Untergrund. Wem das zu Startbahn-West-martialisch klingt: So hörte sich die Musik damals in den Köpfen an, aber leider nicht, wenn sie aus den Boxen kam. Zwar hing der Aufstieg der ganzen New-Wave-Gemeinschaft mit den Preisen für Synthesizer, Rhythmusgeräte und Achtspur-Maschinen zusammen, die damals so rasant zu Tale sausten wie heute der Neue Markt, aber den Ton gaben trotz aller Bemühungen und kleiner Teilerfolge doch Michael Jackson und die Bee Gees an: Quincy Jones als Produzent versus Alfred Hilsberg - keine Frage, wer die Nase vorn behielt.
     Heute sind die rein technologischen Unterschiede zwischen einer kleinen Produktion aus der deutschen Provinz und einer von Bob Ludwig in Maine gemasterten Luxusaufnahme aus dem Science-fiction-Studio für den Laien kaum mehr auseinander zu halten.
     Dafür verweist das 80er-Revival - ob zufällig oder nicht - auf eine andere Parallele zur Zeit um 1980: Gebeutelt von falschen Marketing-Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Disco-Boom und konfrontiert mit stark rückläufigen Verkaufszahlen als Folge einer schlechten Repertoire-Politik und maßloser Arroganz sauste die etablierte Tonträger-Industrie unter dem Jubel der neuen Labels in eine tiefe Krise, aus der ihr allein die Umstellung des Tonträger-Formats von Schallplatte auf CD half. Nun sieht sich die Branche wieder bedroht, da die Gewinne wegbrechen: zuerst von den bösen Internet-Buben und ihrem Napster-Dingens, an das aber nur noch Bertelsmann zu glauben scheint, dann von den CD-brennenden Teenagern, die bereits durch Anwendung der einfachen Grundrechnungsarten herausfinden, dass die Spanne zwischen Herstellungskosten einer CD und ihrem Ladenpreis merkwürdig weit klafft und die dann zur Selbsthilfe schreiten. Ein Kopierschutz für CDs soll und wird es vielleicht auch richten - am grundlegenden Problem der Musikindustrie - damals wie heute - ändert sich aber nichts: Dass man am liebsten auf die Musiker verzichten würde und nur noch minderjährige Unterwäsche-Models vermarktet, die man beliebig austauschen kann, wenn sie lesen und schreiben gelernt haben. Das Problem waren und sind nicht die Raubkopierer, sondern die Plattenfirmen.

***

Verschiedene Interpreten  
"Malaria! versus..." (Universal 0141072)
"International DeeJay Gigolo Records Compilation Five" (Gigolo/EfA 27560-2)
"Anti NY" (gomma 013 CD/pp sales force)

 

 

Musikmeldungen aktuell | Musikstrom | Kolumnen | Soundcheck | Popalphabet | Gastbeiträge | Weblinks | Kontakt