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Für 2Pac Shakur wurden die Linien
wohl ebenfalls gezeichnet, nur entbehrten diese Striche jeder Ironie,
so wie der Name von 2Pacs Plattenfirma Death Row Records ebenfalls
eher Realitätssinn, denn Sinn für hintergründigen Humor verrät.
Joni Mitchell singt in einem ihrer schönsten Lieder von ihrem Kalifornien,
in das sie voller Sehnsucht zurück eilt, nachdem ihr auf einer griechischen
Insel ein schurkischer Liebhaber die Kamera gestohlen hat. Dieser
Text, nachzuhören auf "Hits", mag in unserem Fall als Meßlatte dienen,
wie weit sich HipHop und weiße Popmusik, und mit ihr die Gesellschaft
und ihre Gruppen, auseinandergelebt haben. Einer wie 2Pac Shakur
taugt trotz all seiner verdienten Millionen nur für die Schurkenrolle,
vielleicht als Liebhaber, der aber immer wieder zum Kameradieb wird.
2Pac bleibt draußen vor Joni Mitchells Tür, halb Versprechen, halb
Drohung, weil er kein Kalifornien sein eigen nennen kann, in das
nach Hause zurückzukehren heißt, in die Sicherheit, in die Geborgenheit
heimzukehren. Sein Kalifornien war ein Getto, sein Leben ein schriller
Querschläger: In dem Song "Only God Can Judge Me" hört man 2Pac
in die Ausblende hinein sagen, daß die größte Angst in seinem Leben
die vor einer möglichen Wiedergeburt sei.
Während Joni Mitchell in Ruhe und
mit vollem Recht auf die glanzvollen Jahre des Schaffens zurückblicken
kann, werden die 2Pacs dieser Welt nicht einmal alt genug, um so
etwas wie ein Lebenswerk vorweisen zu können.
Der Tod eines 2Pac Shakur, der Tod
jedes jungen Opfers in diesem heimlichen amerikanischen Bürgerkrieg
geht auch uns an, denn wir mögen keine Freunde sein, mit Sicherheit
keine Brüder, vielleicht sogar Gegner und Feinde, aber wir teilen
ein bestimmtes System, das, wenn ich es richtig interpretiere, Amerikas
Gegenwart gerne als Blaupause für Europas Zukunft verwendet.
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