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Joni Mitchell Teil 1 : 2 : 3 : 4 : 5 : 6
9.7.97 und 23.7.97  
 

Begleitet mich heute auf einem Trip in die Kälte, die Kälte kanadischer Winter, die Kälte des Rock-Bussines, die Kälte kalifornischer Kokain-Herrlichkeit, die Kälte des Älterwerdens und hört die seltsam kalte Stimme von Joni Mitchell...
     Roberta Joan Anderson kam am 7. November 1943 als Kind einer Dorfschullehrerin und eines Offiziers der kanadischen Luftwaffe mit skandinavischen und schottischen Vorfahren zur Welt. Geboren in dem kleinen Air-Force-Stützpunkt Fort McLeod, wuchs sie in verschiedenen anderen militärischen Einrichtungen des kanadischen Hinterlands auf, bis die Familie sich schließlich in Saskatoon niederließ, mitten im Weizengürtel Kanadas. Die vielen Ortswechsel und eine Serie von schweren Krankheiten - Scharlach, Masern, schließlich Kinderlähmung (die gleiche Epidemie, der Neil Young zum Opfer fiel) - machten aus dem aufgeweckten Kind eine Außenseiterin, die sich lange Monate nur mit sich selbst beschäftigen konnte, Gedichte lesen, malen, sich Geschichten ausdenken. Ihre Vorliebe für die Malerei wollte die eher schwache Schülerin zum Beruf machen und besuchte die Art School in Calgary mit dem Ziel, vielleicht Textildesignerin oder ähnliches zu werden. Doch wie bei vielen Folkies veränderte eine Ukelele ihr Leben: kaum waren ein paar Griffe gelernt, konnte man Roberta Joan, eigentlich Rock'n'Roll-Fan und begeisterte Tänzerin, in den Coffee Houses um den Campus hören, wie sie Pete-Seeger-Liedchen nachsang. Im Sommer 1964 stieg Roberta Joan Anderson in einen Zug, um zu einem Folk-Festival nach Toronto zu fahren. Sie sollte nicht mehr zurückkommen.
     Was das Mädchen aus Saskatoon von anderen Joan-Baez- oder Judy-Collins-Klonen unterschied, war die klare Stimme und die etwas seltsame Art, ihre Gitarre zu stimmen: die Autodidaktin hatte quasi für sich selbst das Gitarrenspiel und die für ihre Songs benötigte Stimmungen des Instruments neu erfunden, eine Stärke und ein Handicap bis zum heutigen Tag, das entweder zu langen Überleitungen zwischen den Songs führt oder zu einer Armee von Gitarren, Gitarrenstimmern und Roadies. Miss Anderson avancierte zum Geheimtip der Szene in Toronto, allerdings zu einem Zeitpunkt, als die studentische Begeisterung für Folk mit Hilfe der Beatles und Bob Dylan bereits überführt wurde in eine Intellektualisierung der Popmusik unter Zurücklassung des studentischen Klampfentums: eine zögerlich aufgehendes Sternchen an einem Himmel, der schon bald ohne seine Stars auskommen mußte.

RIVER

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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