Musikmeldungen aktuellMusikstromKolumnenSoundcheckPopalphabetGastbeiträgeWeblinksKontaktinfo
Home
Übersicht Manuskripte
Joni Mitchell (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3 : 4 : 5 : 6
 

     "Jonis Kinn ruhte auf ihren angezogenen Knien. Sie wirkte selbstbewußt, aber voll innerem Ernst. So perfekt - sie mit ihren sanften Wangenknochen, den großen, blauen Augen, dem bittersüßen Blondhaar, das auf ihre Schultern fiel, dem vanillesüßen Lächeln, ach, zauberhaft, bezaubernd, magisch", so schwärmte die Presse von der First Lady des Folk. Man hätte natürlich auch sagen können, klapperdürr, Pferdegesicht, Wangenknochen, um eine saubere Linie Kokain drauf zu legen, aber die Jagd auf Joni Mitchell war zu Beginn der 70er Jahre noch nicht freigegeben - das kam erst später, als der Rolling Stone es zu seiner Aufgabe machte, Joni Mitchells Affären mit Graham Nash, James Taylor, Jackson Browne und zahlreichen anderen Namen aus der Musikszene durchzuhecheln. Was für einen Mick Jagger cool war, galt noch lange nicht für eine Frau. Aber 1970 war alles noch eitel Speichelleckerei, hatte Joni Mitchell doch, ohne dort gewesen zu sein, eine quasi-religiöse Hymne über Woodstock geschrieben, die fast gleichzeitig für sie, CSN & Y sowie Matthews Southern Comfort zum Monster-Hit wurde. Nach Woodstock wurden fast ein Jahrzehnt lang alle Platten von Joni Mitchell mehrfach vergoldet; sie selbst stieg auf zur Grande Dame und Zimtzicke der Hippie-Aristokratie: "Sie war ein unglaublicher Snob. Wenn sie etwas zu trinken haben wollte, wandte sie sich an einen anderen Star, der dann einem gewöhnlichen Sterblichen mitteilen mußte, daß Joni Mitchell Durst habe. Mit jemandem, der nicht berühmt war, hat sie gar nicht geredet. Das hätte ihre Aura so sehr beschädigt, daß sie ihre so übermenschlichen Gedanken nicht mehr hätte denken können."
     Nach dem Superstar-Overkill gönnte sich Joni Mitchell eine Auszeit und reiste viel durch Europa, pflegte und ruinierte ihre Liebe zu Graham Nash - oder war's James Taylor? - die wie alle Ex-Lover immer gern zu Musikantendiensten auf späteren Platten bereit waren, und schrieb eine der aufwühlendsten und persönlichsten Platten der Popgeschichte: BLUE, 1971 erschienen. Jeder Song ist leicht nachvollziehbar ein direktes Stück aus Joni Mitchells Leben; die Katastrophen und Glücksmomente werden einer Öffentlichkeit ungeschützt preisgegeben, das verlorene Kind, Drogen, der abgelegte Mr. Mitchell, Sex, die diversen Lover, der Hippie-Tourismus, allerdings auch die Bindungslosigkeit und, immer wieder, die unterschwellige Kälte, dazu die unabsichtliche Betonung eines wichtigen Anti-Hippie-Arguments späterer Jahre: das alles eigentlich bloß ein Spiel abgesicherter Mittelschicht-Kinder ist, die heim zu Papa und Mama können, wenn's denn ganz hart kommen sollte...

WOODSTOCK

 

 

 

 

 

 

CAREY

Weiter >>

 

Musikmeldungen aktuell | Musikstrom | Kolumnen | Soundcheck | Popalphabet | Gastbeiträge | Weblinks | Kontakt