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Daß BLUE ein paar Ecken zu intim
und offen gewesen sein mag, hat Joni Mitchell schnell erkannt. Sie
hat mit dieser Platte zwar die Folkmusik zu neuen Ufern gebracht
und der Singer/Songwriter-Gilde eine neue Dimension eröffnet, aber
der Druck auf eine öffentliche Person muß erstaunlich sein: Nie
wieder hat sich Joni Mitchell so weit aus der Deckung gewagt. Die
Käufer der nächsten LP FOR THE ROSES mußten mit ihrem nackten Körper
im Klapp-Cover vorliebnehmen und einem ganz bewußt als Hit-Single
konzipierten Song TURN ME ON I'M A RADIO. Für das Popalphabet interessanter
ist ihre allmähliche Hinwendung zu jazzigen Tönen und ihre beeindruckende
Fähigkeit, knallharte Heroin-Stories, die von Lou Reed stammen könnten,
im Kühlschrank-Sound ihres Folkuniversums präsentieren zu können.
"Ich hatte noch nie einen Hit, jedenfalls keinen ganz allein für
mich. Also habe ich mir einen gebastelt. Meiner Meinung nach gibt
es mehrere Methoden, um die Chance auf einen Hit zu verbessern.
Vorne und hinten braucht man einen langen Ein- und Ausstieg, damit
die DJs im Radio drüberquasseln können. Als Thema nehme man eine
zärtliche Situation und beschreibe sie so, daß die DJs sie auch
verstehen. Ein bißchen schräg muß es auch sein. Sowas hab ich dann
geschrieben." Joni Mitchell zur Entstehungsgeschichte von TURN ME
ON I'M A RADIO. Ihr goldenes Händchen für Hits blieb ihr einige
Jahre lang erhalten, obwohl sie die zarteren, folk-orientierten
Klänge zugunsten von jazzigen Rocksongs hintanstellte. Tom Scotts
L.A. Express wurde ihre Backing Band; zusammen bestritten sie eine
erfolgreiche Tour und veröffentlichten das Gold-Album MILES OF AISLES.
L.A. Express-Drummer John Guerin wurde bald Joni Mitchells zweiter
Ehemann für einige Zeit und als Hochzeitsgeschenk erreichte COURT
& SPARK die Nummer 2 der amerikanischen Charts, featuring CSN &
Y, L.A. Express und die Crusaders. Drei Hit-Singles warf die Platte
ebenfalls noch ab, darunter das David Geffen gewidmete FREE MAN
IN PARIS, jenem David Geffen, mit dem sie eine Weile die Wohnung
geteilt hat, was zu neuen Spekulationen Anlaß gab, die erst aufhörten,
als Geffen sich als schwul outete.
1975 erschien THE HISSING OF SUMMER
LAWNS, Joni Mitchells bis dato jazzigste Platte, auch wenn der vorprogrammierte
Hit, IN FRANCE THEY KISS ON MAIN STREET, nicht fehlen durfte. Textlich
änderte sich ebenfalls einiges: Die Songs erzählten weniger von
einem mit Joni Mitchell identifizierbarem Ich, sondern griffen zeitkritische
Themen auf, was viele für zu geschwätzig hielten, nicht so Prince
oder Annie Lennox, die beide HISSING... als ihre persönliche Lieblingsplatte
nennen. Doch die Demontage von Frau Mitchell durch die amerikanischen
Medien war eröffnet, ihr Privatleben ständig Gegenstand von Spitzen
und Sottisen. Für uns interessanter als die Liebespartner von Joni
Mitchell sind ein Gastauftritt von Cheech & Chong und eine der ersten
Verwendungen der Burundi-Drums, die später durch Adam & the Ants
und Bow Wow Wow nochmals zu Hitparadenehren geführt wurden; Joni
Mitchells Burundi-Stück hieß JUNGLE LINE und mag als Frühform von
Sampling durchgehen.
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COLD BLUE STEEL AND SWEET FIRE
FREE MAN IN PARIS
THE JUNGLE LINE
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