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Hinter den Stones, neben den Stones wütete
der britische Blues-Boom um die Welt.
Den Fremden von der Insel war es ein
zweites Mal gelungen, den Eingeborenen Amerikas ihr Wertvollstes zu
nehmen. Und diesmal sollte kein George Washington die Briten ins Meer
treiben. Fleetwood Mac erhoben ihr schreckliches Haupt; Cream
ließen sich "besser als echt" auf den Arsch tätowieren; John Mayall
blies, Brian Auger drückte, Stevie Winwood sang. Jimmy Page schmiß
die kleinen Hurenjobs für aufgeblasene Produzenten wie Andrew Oldham
oder Joe Meek und gründete Led Zeppelin, die nach dem ewigen
Geheimrezept der Popmusik - "Was Du nicht verfeinern kannst, das mußt
du vergröbern!" - solange am Blues anstückelten, bis ein Bluesrock
daraus wurde, ein Heavy Rock, ein Hard Rock, den bald alle übergeworfen
hatten von Humble Pie bis Black Sabbath, allesamt verehrungswürdige
Abstrusitäten aus einer unschuldigen Zeit - die liebenswerten Monster
aus der schwarzen Blues-Lagune.
Wo andere allerdings nachlässig wurden,
stolperten und schließlich fielen, versuchten sich Led Zeppelin
am Riemen zu reißen und unnachgiebig böse, sinister, geldgierig, schwarzmagisch
und pervers zu bleiben, bis sie Mitte der siebziger Jahre tatsächlich
ihre Version des Blues zur erfolgreichsten Musik auf diesem Planeten
aufgedonnert hatten - Satanismus funktioniert und verkauft zweihundertmal
in Folge den Madison Square Garden aus! Und wenn es doch nicht der
Devil war, der für beispiellosen Erfolg sorgte, so doch ein relativ
unbekümmerter Umgang mit dem verschnarchten Begriff der Authentizität.
Es schreiben uns Led Zeppelin frei nach "The Song Remains the
Same" ins Poesie-Album: "Sing einfach Hare Hare/tanz den Hoochie Koo/denk
nur an das Bare/abkassier'n tust Du!" Na dann: Stellen wir uns 'Led
Zeppelin III', quasi als Referenzwerk des Monströsen, als das
private Folk-Revival Robert Plants ins Regal und denken dabei an Aleister
Crowleys brennendes Herrenhaus hoch oben bei Loch Ness, an das Eröffnungsriff
von Thin Lizzys 'The Rocker' oder Alvin Lees Gitarrensolo am
Ende von 'Boogie On', dem ansonsten vermutlich peinlichsten Stück
der ganzen Popgeschichte. Und weil mir, wie der Lektor so richtig
anmerkt, nichts Menschliches fremd sein soll in diesem Buch: Es fehlt
noch die eine, die im Cecil B. De Milleschen Sinne monumentale, die
unverzichtbare Status Quo-Platte, auf der die Idee vom Blues
zur Pappmaché-Attrappe wird, zum leeren Gefäß unerfüllter europäischer
Bubenträume, zum Stein der Debilen, die einen Südstaatenzug mit der
Schülermonatskarte benutzen wollen: 'Piledriver'.
Wem das nicht in den Unterleib fährt,
der mag sich an Statistiken aufgeilen: weltweit über 100 Millionen
verkaufte Status Quo-LPs, fünfzig Charts-Notierungen allein
in England, da hilft nichts, da muß man was von haben, naa nanana...
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Genrecheck:
Britischer
Blues
19
LED ZEPPELIN
'Led Zeppelin III' (1970)
20
STATUS QUO
'Piledriver' (1972)
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