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In den sechziger Jahren war die Geschichte des Country
Rock die Geschichte eines einzigen Mannes: Gram Parsons. Als Klein-Gram
sich 1946 aus dem millionenschweren Rinderbaronessenmutterleib befreite,
hieß er zunächst Cecil Ingram Connor und war der Sohn des Country-Sängers
Coon Dog Conner. Eine Beerdigung und eine Hochzeit später verschmolz
er die Namen seines leiblichen und seines Stiefvaters zu Gram Parsons.
Mitte der sechziger Jahre beerbte Gram seine Mutter und schrieb sich
voll Trauer zum Theologiestudium in Harvard ein, das aber nicht länger
gedauert haben kann, als man braucht, um LSD zu buchstabieren. Statt
Theologie suchte Gram nun Boston mit der International Submarine
Band heim, einer Country-Rock-Gruppe, die 1968 mit 'Safe at Home'
das aktenkundig erste Country-Rock-Album der Weltgeschichte veröffentlichte.
Zu spät für Gram: Der törnte mit seiner Mischung aus Hillbilly und
Marihuana bereits die Rocker-Aristokratie von Los Angeles an, gründete
die Flying Burrito Brothers, stieg mal kurz bei den Byrds
ein und schnell wieder aus, nicht ohne Schuld zu sein an deren Nashville-Ausflug
'Sweetheart of the Rodeo', eine der anrührendsten und zärtlichsten
Platten, die jemals eingespielt wurde.
Eigentlich wollte Ober-Byrd Roger McGuinn
im Windschatten der Beach Boys und Beatles ein Großwerk
abliefern, ein mehrteiliges Album, das die Musikgeschichte des 20.
Jahrhunderts Revue passieren lassen sollte. Als die Aufnahmen aber
nicht recht vom Fleck kamen, brachte Chris Hillman seinen neuen Spezl
Gram Parsons als Pianisten (sic!) für die Jazzteile (sick!) mit ins
Studio. Als die Byrds das Studio wieder verließen, waren sie
schon unter Führung von Parsons auf dem Weg nach Nashville, um 'Sweetheart
of the Rodeo' aufzunehmen. Leider hatte Parsons bei seinem Hochgeschwindigkeitszaubertrick
übersehen, daß er bei einer ganz anderen Firma unter Vertrag stand
als die Byrds, so daß nachträglich fast alle Gesangsteile,
die Parsons bestritt, entfernt werden mußten (und die erst 1990 im
Rahmen einer Byrds-Retrospektive veröffentlicht wurden). Da
man schon in Nashville war, kümmerten sich die Byrds auch um
einen Auftritt im Allerheiligsten, in der Grand Ole Opry. Die Verblüffung
bei Parsons und Freunden war groß, daß ein elektrisch verstärkter
Haufen langhaariger Hippie-Cowboys mit einer Protestsong-Vergangenheit
und einer Drogen-Gegenwart mit eisigem Schweigen begrüßt und ohne
Applaus verabschiedet wurde. Gram Parsons rächte sich umgehend mit
der Anti-Redneck-Nummer 'Drug Store Truck Driving Man', die zu einer
der ganz großen Hippie-Hymnen werden sollte.
Trotz des mäßigen kommerziellen Erfolges
von 'Sweetheart...' verdient die Platte einen Platz unter den fünf
besten LPs der sechziger Jahre. Schon bei den ersten Tönen der Dylan-Nummer
'You Ain't Going Nowhere' verzahnen sich Country-Ästhetik, jingle-jangelnde
Gitarrensounds und Harmoniegesang zu einer Sound-Maschine, die weder
im Rock, noch von reiner Country-Musik zu erwarten gewesen wäre. Die
filigran-stereophone Melange füllt sofort den Raum mit euphorisierenden
Klangpartikeln und Stimmen, die auf vertrackte Art ein so ungeahntes
Wohlgefühl vermitteln, einen solchen Frieden, daß man die Welt umarmen
möchte: Peace! |
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THE BYRDS
'Sweetheart of the Rodeo' (1968)
Genrecheck:
Country
Rock
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