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"How far can too far go?" Teil 1 : 2 : 3 : 4
Abteilung 7, in der am Blues unerlaubte Gen-Experimente durchgeführt werden, die zu ziemlich übersteuerten Ergebnissen führen.  
  Ich glaube, das Led Zeppelin-Live-Doppelalbum 'The Song Remains the Same' hat dem Blues Mitte der siebziger Jahre das Licht ausgeknipst. Diese inszenierte Pose, mit der die englischen Superstars mitten im Lied "plötzlich" in den Blues ausbrechen: man möchte ihnen heute noch aufs Theremin kotzen. Klick, weg war der Blues. Dann war eh Punk, und es mußten vier, fünf Jahre vergehen, bis über den Umweg eines Rockabilly-Revivals die Cramps den Blauen Zug auf die untergründige, die Stray Cats auf die Hitparaden-Schiene setzen konnten. Alte, in Mißkredit geratene Formen konnten mit einem Mal wieder benutzt, neu kodiert und mit Vitalität aufgeladen werden. Der Blues hatte sich verwandelt, die Musiker hatten sich verwandelt. Blues war keine zwangsläufige Rückversicherung der Gegenwart in einer angeblich sicheren Vergangenheit mehr, Blues erschien plötzlich als Zukunftsentwurf, als Möglichkeit einer knappen und klaren Form, durch die man seinen Überschwang wie auch seine Geworfenheit im Hier und Jetzt verankern konnte. Blues war plötzlich etwas, das er noch nie vorher gewesen ist: cool.
     Die erste Platte, die dieses Credo des neuen Blues verkündete, war 'Fire of Love' des Gun Club. Schon das Cover spricht (Ein-)Bände: Ein fieses Lila als Grundfarbe kollidiert mit Grasgrün. Draufgepappt sind drei ungelenk ausgeschnittene Photographien von Schwarzen, die in den Proportionen nicht zusammenpassen und offensichtlich mit Voodoo-Praktiken befaßt sind, Totenschädel tragen, Augen verdrehen, mit rituellen Schwerter fuchteln. Die Rückseite offeriert zwei Reihen mit Flaschen und Dosen, wie man sie in okkulten Schnickschnack-Boutiquen findet, dazu eine Reihe mit Schnapsflaschen. In den Schnapsflaschen erkennen wir völlig zu Recht die vier Musiker; die Voodoo-Bouteillen verkünden die Songtitel und sind mit amateurhaften Vignetten versehen, einem gehörnten Elvis etwa oder einer Mumie auf dem Highway. Die Platte explodiert mit den ersten Tönen von 'Sex Beat', und seither werden die Trümmer weggeräumt. Natürlich ist eine Robert-Johnson-Coverversion zu hören, quasi die Batterie, aus der jener neue Blues gestartet sein will. Natürlich ist alles zentriert um das Jaulen des egomanen, früh verfetteten, früh verstorbenen Jeffrey Lee Pierce, Ex-Präsident eines Blondie-Fan-Clubs und Redakteur der stilbildenden Punkzeitschrift 'Slash'. Aber das war's auch an Natürlichem: Der Rest ist naturidentischer Wahnsinn, aufgebohrter Historizismus, ein antikes Weltreich, schutzlos der Plünderung durch die Punkhorden ausgeliefert. Und Gefangene wurden nicht gemacht. Was für eine visionäre Platte!

Genrecheck:
Rockabilly

 

 

 

 

26
GUN CLUB
'Fire of Love' (1981)

 

 

 

 

 

 

 

 

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