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Daß hier kein Einzeltäter am Werk war, bestätigte im
folgenden Jahr der Menjou-Bärtchen-tragende Sonderling Tav Falco aus
Memphis, der mythischen Heimatstadt jedes zweiten Bluesmusikers. Tav
Falco regierte mit Narrenhand über eine Band, die den genialen
Namen Panther Burns trug, an seiner Seite der damals an seiner
Auferstehung arbeitende Rock-Messias Alex Chilton. Sie siedelten ihren
Blues 'Behind the Magnolia Curtain' an, einem Ort für eine
Robinsonade, wo alles neu erfunden, wo improvisiert und geblufft werden
muß, um überleben zu können. Der Blues schleicht hier im Gewand von
Walzern, Tangos, von Schiebern und Schlagern einher. Alles wurde im
ersten Anlauf eingespielt und aufgenommen; jeder Fehler, jeder falsche
Ton kommt von Herzen, scheidet die Klugscheißer von den Erleuchteten,
von jenen neuen Blues-Aficionados, die hinter die Töne hören können,
hinter die starren Formeln und Regeln. Tav Falco, wie er hinter dem
Bühnenvorhang verborgen ins Publikum lugt: dieser Anblick, ein paar
Jahre später in einem Münchner Club erhascht, enthielt die spitzbübische,
die schüchterne, die hemmungslose, die so liebenswerte Haltung dieses
Mannes, die er zu Musik werden lassen kann.
Auf 'Behind the Magnolia Curtain' spannt
Tav Falco den Bogen von W.C. Handy bis zu R.L. Burnside, von der Verkeksdosisierung
des Blues also bis zu seiner rauhesten Wilde-Männer-mit-Tonnenbauch-Variante,
die erst Mitte der neunziger Jahre so richtig wiederentdeckt und für
hip befunden wurde. Wenn es so etwas wie visionären Schrott geben
sollte, dann ist diese Platte voll davon. Plus tanzen, Menschen anfassen,
küssen, lachen. |
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TAV FALCO & PANTHER BURNS
'Behind the Magnolia Curtain' (1982)
Genrecheck:
Psychobilly
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