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Der Cowboyhut, den sich Robert Forster Ende der siebziger
Jahre im australischen Brisbane in die Stirn drückte, könnte auch
auf Dan Hicks' Schädel gepaßt haben. Als sich die Go-Betweens
gut zehn Jahre nach Gründung der Gruppe und dem Album '16 Lovers
Lane' trennten, hatte sich ihr staubiger Pop-Exotismus der frühen
Jahre in jene filigranen, paisely-gemusterten, dandyesken Gefilde
emporgewendelt, die Dan Hicks einst bewohnt hatte. Wie von Computerhand
öffnen sich Klangblüten, Pop-Lichtungen, Streicherprairien und wellige
Rhythmusgitarrenlandschaften, auf denen sich die Verliebten von drei
Kontinenten tummeln dürfen. Die Studio-Luft ist erfüllt von Fliederduft;
Blütenstaub von exotischen Regenwaldgewächsen hängt zwischen den Rillen
der LP; wie ein warmer Maienregen fallen die Stimmen von Robert Forster
und Grant McLennan zu Boden, küssen Hit-Knospen, liebkosen Käuferhände,
umschmeicheln Ladenkassen. Selten, nie war Rockmusik so sehr Pop,
so gewillt, die Welt zu umarmen, zu tanzen, verliebt zu sein, erfolgreich
zu sein, das Beste zu behalten, um die meisten zu erreichen. '16 Lovers
Lane' ist die Adresse, an der Kritikerträume und Radio-DJ-Phantasien
wahr werden, wo sich das Unverbindbare unverbindlich verbindet, Kunst
meinetwegen, gerne auch Kommerz, Kontinuität und Kwalität.
Doch es hat alles nichts genutzt: Die
Tourneen im Vorprogramm von R.E.M., die Seemannskiste voll
mit begeisterten Kritiken, die Freundschaft, das Können, die Musik:
The Go-Betweens waren am Ende ihres Weges angekommen, gingen
mit einer LP auseinander, die, um Robert Christgau von Village Voice
zu zitieren, "von außen aussieht wie der übelste Ausverkauf an die
Bedürfnisse einer großen Plattenfirma, [aber beweist,] daß die Go-Betweens
immer noch des Pops großartige romantische Poeten sind." Für unsere
unbefleckte Plattensammlung kommt fast jede der sechs Go-Betweens-Platten
in Betracht, aber '16 Lovers Lane' bringt soviel Glück, Beschwingtheit
und Leichtigkeit ins Leben, daß nur sie mit auf jene berühmte einsame
Insel darf. Für alle Fälle. Für das erste Rendezvous. Für lange, einsame
Autofahrten. Für das Frühstück an einem Sonntagmorgen. Für dunkle
Stunden, wenn ein wenig Glück aus der Konserve nicht schaden kann.
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GO-BETWEENS
'16 Lovers Lane' (1988)
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