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Country Rock heißt ja nicht, daß ein paar Hippies den
Süßholzrasplern aus Nashville zeigen konnten, wo der Hammer hängt,
sondern: eine diskreditierte Musikform für die eigenen Ansprüche und
Bedürfnisse zu aktivieren. Den Maßstäben der reinen Country-Lehre
zu genügen, konnte also höchstens ganz zu Anfang eine Rolle spielen;
später mußte es darum gehen, country-gefärbte Musik mit neuen Inhalten,
den zu Inhalten der Rockmusik, zu füllen: ein erstes Mal "screw" zu
singen (Jimmy Buffett), Drogen einzupfeifen, Bürgerrechte zu verteidigen,
komisch auszusehen, anders zu reden, seltsam zu denken: fremdartig
zu sein. Und Country stand plötzlich als Formensprache einer Generation
zur Verfügung, die sich gerade selbst befreit zu haben glaubte: Also
weinte die Lapsteel-Gitarre, schluchzte die Fiddle und stampfte der
Cowboystiefel bald auf den unterschiedlichsten Platten und auf beiden
Seiten des Atlantiks.
Der zum Superstar mutierte Buffalo-Springfield-Veteran
Stephen Stills verstärkte 1971 mit den Parsons-losen Chris
Hillman und Al Perkins seine Tour-Band, die sich Manassas nannte
und im Rückblick wahrscheinlich die reifste und beste Band war, der
Stephen Stills je angehören durfte - ebenso kurzlebig, ebenso zerstritten
und eifersüchtig wie all die Country-Rock-Gruppen der frühen Jahre...
Auf ihrem 1972 erschienenen Debüt 'Manassas'
demonstrierte die Band mit großer Lässigkeit, zu welchen integrativen
Leistungen ein solch offenes Konzept wie Country Rock taugte: mühelos,
im Cannabis-Rausch, im milden Sommerwind gewissermaßen, tanzte die
Manassas-Musik mal im Country-, mal im Rock- oder Latin-Groove,
bis nach zwei Platten die Fans entsetzt zur Kenntnis nehmen mußten,
daß der süße Marihuana-Rauch verzogen, der Manassas-Traum ausgeträumt
und Stephen Stills wieder an den sicheren Dollar-Trog seiner egomanischen
Kumpels Crosby, Nash und Young zurückgekehrt war - und zu deren Vorrat
an harten Drogen. Egal, wir haben ja die Debüt-LP: Sieben coole Jeansträger
bohren auf dem Cover ihre Hände in die Jackentaschen. Es ist kalt
im Norden, verdammich, aber sie bringen den Sound des Südens ohne
die Borniertheit dieser Region, jung, schwarz, weiß, langhaarig, talentiert
und schnell wie die Schützen der James Gang, 1972 bereits mit einem
Moog Synthesizer und seinen Sounds im Gepäck - als ein gelbes Band,
das in die Musik geflochten wird, während zeitgleich in Großbritannien
die Progrocker das Instrument und seine Möglichkeiten mit der tolpatschigen
Grazie eines Rokoko-Reifrocks vorbeigockeln lassen. Zu schade, daß
die Manassas-Geschichte wie die Debüt-LP mit einem Blues enden
mußte. |
Genrecheck:
Jug
Band Music
47
STEPHEN STILLS
'Manassas' (1972)
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