Musikmeldungen aktuellMusikstromKolumnenSoundcheckPopalphabetGastbeiträgeWeblinksKontaktinfo  
  Home
 
Abteilungen
Abteilung 10 (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3
  Obwohl die Kombination aus frühem und spätem Brian Wilson, aus Van Dyke Parks, Frank Zappa, Andy Mackay und Janet Jackson nicht gerade puristisch genannt werden kann, wäre das Operetten-Department nicht vollständig ohne das große Singspiel der achtziger Jahre, ohne die Mischung aus Schwulenspaß und Thatcherismus namens Frankie Goes to Hollywood, die uns ein 'Welcome to the Pleasure Dome' zu einem Zeitpunkt zuriefen, als ein Glas Champagner revolutionärer wirkte als eine Kalaschnikoff. Dieses Doppelalbum ist nur zu einem geringen Teil eine Schallplatte: Viel mehr ist es der hörbare und sichtbare Anker für eine Strategie, die zu Beginn der achtziger Jahre Pop wieder zum kapitalistischen Gesamtkunstwerk werden ließ. Produzent Trevor Horn und der journalistisch vorbelastete Mastermind Paul Morley gestalteten einen Welteroberungsplan ohnegleichen, zogen ihn durch und versanken dann - wie alle Titanics, Phil Spectors und Malcolm McLarens dieser Welt.
     Frankie Goes to Hollywood wurden erwählt, um den Plan in die Tat, aber nicht unbedingt in Musik umzusetzen. Die Zutaten stimmten: Provokation, Kalkül, ein gerüttelt Maß sexueller Zwiespältigkeit, hohe Tanzbarkeit, ein einprägsamer, ungewöhnlicher Name, Mitgröl-Refrains und ein verzwirbelter Überbau, höher als der Turm zu Babel - alles zusammen erstmals mit den Mitteln aufbereitet, die heute gern "moderne Studiotechnologie" genannt werden.
     Und als 'Relax', die erste Hitsingle, von der BBC wegen Obszönität aus dem Programm genommen wurde, gab es kein Halten mehr. Verkäufe wurden nur noch in Millionen angegeben; Frankie-T-Shirts überschwemmten Europa, und wöchentlich folgten neue Maxisingles mit immer neuen Abmischungen von 'Relax'. 1984 gab es nur Frankie...
     Und als das Jahr zu Ende ging, erschien das Album 'Welcome to the Pleasure Dome', als wolle man die unglaublichen Ereignisse nochmals rekapitulieren. Verpackt in gefälschtes Picasso-Artwork und garniert mit möglicherweise sogar echten Zitaten aus Philosophie und Religion, bedruckt mit Anzeigen für unglaubliche Merchandising-Produkte wie die Edith-Sitwell-Tasche oder das Virginia-Woolf-Unterhemd erschien die Musik wie eine, um im Bindestrich-zwischen-berühmten-Eigennamen-Modus zu bleiben, digitale Richard-Wagner-bummst-Johann-Strauß-Vision: Alle Hitsingles kuschelten sich in schwülstige Streicher-Überleitungen, paarten sich rüpelhaft mit so absurden Cover-Versionen wie 'Do You Know the Way to San José?', um schließlich nach vier kurzen Plattenseiten mit einem prophetischen "No more!" zu schließen. Pop-Trash. Shakespeare. Zu schön, um wahr zu sein.

40
FRANKIE GOES TO HOLLYWOOD
'Welcome to the Pleasure Dome' (1984)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Musikmeldungen aktuell | Musikstrom | Kolumnen | Soundcheck | Popalphabet | Gastbeiträge | Weblinks | Kontakt