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Abteilung 1 (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3 : 4
  Nicht weit von Joni Mitchells einstigem Domizil im Laurel Canyon, vielleicht ein paar Haarnadelkurven weiter den Hang hinauf, vielleicht im Topanga Canyon nebenan, könnte vor 25 Jahren ein Lagerfeuer gebrannt haben, an dem ein dritter kanadischer Exilant saß, langes strähniges Haar, hager, halb Naturbursche, halb verzogenes Superstar-Früchtchen, der sich während derselben Polio-Epedemie wie Joni Mitchell Kinderlähmung zugezogen und überstanden hatte: Neil Young. Buffalo Springfield nervten ihn, Crosby, Stills, Nash & seine Wenigkeit nervten ihn, seine Crazy-Horse-Freunde waren auf Drogen, Mitmusiker, Roadies starben an Heroin, seine Plattenfirma bettelte nach 'Heart of Gold' um einen weiteren Hit: Da mag er sich die Textzeile ausgedacht haben, die unter anderem auf seinem 97er Live-Album 'Year of the Horse' zu hören ist: "We never listen to the record company man. He tries to screw us and ruin our band. That's why we don't wanna be good".
     Eine seiner Record Companys, die des berüchtigten Pop-Despoten David Geffen, verklagte Young in den achtziger Jahren gar, weil er Country und daher keine Neil-Young-typischen Rock'n'Roll-Alben mehr abliefere und sich geschäftsschädigend verhalte. Youngs Antwort: "Entweder ihr zieht das zurück, oder ich spiele Country bis ans Ende meiner Tage. Dann könnte ihr mich nicht mehr verklagen, weil Country dann nicht mehr 'uncharakteristisch' für mich ist."
     Konsens ist: Neil-Young-Platten braucht der Mensch. Sie stehen für Unberechenbarkeit, Lärm, ungewaschene Haare, Stolz, Engagement, Widersprüchlichkeit, Zorn. Aber wieviele braucht der Mensch für seine perfekte Sammlung? Was ist das unverzichtbare Minimum? Die korrekte Antwort wäre, um mit dem Monstercomputer 'Deep Thought' aus Douglas Adams' 'Per Anhalter durch die Galaxis' zu sprechen: "42". Doch zwei müssen reichen. Eine sollte ein Klassiker, die andere überraschend sein, unerwartet daherkommen und nach einer Begründung verlangen. Zum beiläufigen Herausziehen bestens geeignet, weil von unverrückbarem Klassikerstatus, ist der Mittsiebziger-Hammer 'Zuma' mit der gesungenen Joni-Mitchell-Verarschung 'Stupid Girl' und einem Cover in Krakel-Manier, das auch nur als Mitchell-Parodie erklärt werden kann. Ansonsten mag 'Pardon my Heart' anhören, ohne Tränen zu vergießen, mag in der Ecke stehen und den Coolen geben, anstatt abzuhotten und Luftgitarre zu spielen bei 'Danger Bird' und 'Cortez the Killer', wer will: Kein Herz hätte der Schmock.
     Geht es aber darum, den Connaisseur ein weniger weiter als gewöhnlich heraushängen zu lassen, dann empfiehlt sich neben den ewig unterschätzten Country-Alben: 'Harvest', das notorisch als "kommerzieller Mist" abgetane Hitmonster, dessen transzendente Wirkung wohl erst kommende Generationen zu würdigen wissen werden. Nichts ist uncooler, als diese Platte zu mögen. 'Harvest' in aller Öffentlichkeit aufzulegen, ist wie Kindersex im Internet: Alltag, aber so was von unkorrekt! Dabei serviert uns ein auf die 30 zugehender Superstar seine ganze Twen-Angst, sein Bibbern vor dem Alter, sein bißchen Philosophie, spielt sein ungeheures Potential aus, ebenso einfache wie wundersam dauerhafte Melodien zu zaubern, zelebriert seine hünenhafte Selbstgerechtigkeit, die nur noch von seinem Mitgefühl für sein eben dem Krankenbett entfleuchtes Ich und eine Handvoll Freunde übertroffen wird. Dazu chargiert Arrangeur Jack Nitzsche in der Rolle des großen Schnulzenators, der er ein paar Jährchen später in Diensten Hollywoods sein wird, bis wir knietief durch Blut, Streicher und Tränen waten: Ja, 'A Man Needs a Maid'. Dies alles in seiner Monstrosität zu schätzen und zu verstehen, diesen molligen Elefantenmenschen von einem Album zu lieben, es nicht hippielagerfeuermäßig auf das Nachträllern trauriger Liedchen zu reduzieren, sondern es in seiner Größe, seiner Humanität blankzuwienern und auszustellen - das zeichnet den Neil-Young-Aficionado aus, nicht der Besitz von vier Metern Bootlegs. Und darum, als Herausforderung: 'Harvest'!

4
NEIL YOUNG
'Zuma' (1975)

 

 

5
NEIL YOUNG
'Harvest' (1972)

 

 

 

 

 

 

 

 

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