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Während Mark Linkous seine Verletzbarkeit noch hinter
seiner Behinderten- und Junkie-Aggressivität verbirgt, so liegt die
geschundene Seele des ziegenbärtigen Häufchen Country-Rock-Elends
namens Will Oldham offen zutage, mag er sich Palace Brothers
nennen oder Palace Music oder Palace oder neuerdings
unter eigenem Namen veröffentlichen. Oldham kombiniert die Errungenschaften
der ersten Country Rocker - "If I could fuck a mountain..." - mit
den verstimmten Gitarren Souled Americans und einer Singstimme,
die klingt, als hätte sich Neil Young beim Salamischneiden die Finger
verletzt. Wer sich als Young-Fan begreift, wird eh keine Schwierigkeiten
haben mit den verschiedenen Palace-Ausprägungen: zu vertraut
sind die verschlungenen Pfade zwischen "falsch" und "richtig", zwischen
Song und Fragment, zwischen Country und Rock. Und schnell wird klar,
daß sich hier einer - wie Young - zu den peinlichsten Dingen auf die
peinlichste Weise äußern kann - ohne auch nur einen Augenblick peinlich
zu wirken. Es werden Geschichten von Inzest, Schuld, Versagen ausgebreitet
und mit einer hundertprozentig kongruenten Musik illustriert. Von
Platte zu Platte scheint Oldham an seiner Psychoanalyse durch Pop
zu wachsen und eine Looser-Macho-Attitüde anzunehmen, wo anfangs der
reine Country-Wimp dominierte. Wenn diese Karriere sich ihrem Ende
zuneigt, wird Will Oldham neben einigen großen Platten auch einen
anderen Menschen aus sich gemacht haben - und nicht zuletzt deshalb
muß 'Viva Last Blues' in unserer für alle Lebenslagen taugenden
Plattensammlung stehen: der post-depressive Soundtrack. Die Gewißheit,
daß nichts besser, aber alles immer anders wird. |
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PALACE MUSIC
'Viva Last Blues' (1995)
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