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KRS-One war wie Prince ein vernachlässigtes Kind,
das sich das bißchen Wärme und Geborgenheit bei den Familien seiner
Freunde holen mußte und auf der Straße ein Ego größer als das Chrysler
Building entwickelte. Wo Prince allerdings in Diensten der Warner
Brothers zum glamourösen Star der achtziger Jahre aufstieg, geriet
KRS One in Schießereien, verlor seinen besten Freund und Partner im
sinnlosen Bürgerkrieg auf Amerikas Straßen und erreichte schließlich
über kleinste Labels den Status eines Sprechers der Getto-Jugend,
eines Propheten der Gangsta und eines modernen Preacherman, der Fragen
stellt, weil er die Antworten schon kennt. Waren auch seine Platten
als Boogie Down Productions der 'Blueprint of HipHop', so hat
mich am meisten seine Solo-Platte 'Return of the Boom Bap'
beeindruckt: HipHop, der in die Old und New School gegangen ist, um
nach zahlreichen Irrungen in groovend-formaler Strenge einen Grad
an Abstraktion zu erreichen, den ich bei nicht-instrumentaler Musik
nie erwartet hätte. Was nicht heißen soll, daß KRS One hier zwischen
Charles-Mingus-Samples und klöppelnden drum patterns plötzlich nicht
mehr Klartext rappen würde, alles zwischen Getto-Sexismus und Polizei-Willkür
attackierend, was zum guten HipHop-Ton gehört. Das alles geschieht
hier nur mit so minimalen Mitteln, so klar, so jenseits jener Gangsta-Widerlichkeit,
die mir alles zwischen Death Row und Puff Daddy vergällt, so jenseits
auch aller gewendelten Rassismen und Machismen, die mir Public
Enemy bei allem Respekt immer wieder suspekt werden lassen, so
deeply rooted in Dub, daß diese Doppel-LP als Eintrittskarte in eine
komplexe und schwer verständliche Weltgegend des Planeten Pop gelten
muß. Gut aufbewahren und auf Verlangen vorzeigen. |
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KRS-ONE
'Return of the Boom Bap' (1993)
Genrecheck:
HipHop
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