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Es hat noch niemandem geholfen, Kritikers Liebling zu
sein. Als sich Ende der siebziger Jahre die drei Roches-Schwestern
aus den Armen von Paul Simon und Loudon Wainwright III gewunden, einen
komischen Kung-fu-Tempel überlebt und auf der Straße Weihnachtslieder
gesungen hatten, gaben sie sich stracks den Einflüsterungen des damals
furchtbar aktiven Robert Fripp hin, der Suzzy, Terre und Maggie ins
Reich der Gerüchte, hippen Clubs und Late Night Shows entführte. The
Roches waren etwas besonderes; das hatte Fripp richtig erspürt
und ihre skurrilen Texte windschief arrangiert, den gesanglichen Schmutz
drin gelassen und sparsam dazu Gitarre gespielt, was Fripp gern "audio
verité" nannte, man aber auch als laissez-faire bezeichnen könnte.
So wurden The Roches die moderne Alternative zu den drögen
Schwestern McGarrigle, deren kanadischer Katholen-Folk die
Herzen der Mittsiebziger-Althippies erwärmte und die deshalb noch
heute in jeder Bestenliste auftauchen, gähn. Zwei Platten lang schwang
der König mit dem hochroten Kopf seine Gitarre über den Häuptern der
drei bezaubernden Grazien, deren Girren, Gurren und Gröhlen die Kritiker
auf der ganzen Welt verrückt machte, aber nie den Weg neben die Kaufhauskasse
oder ins Frühstücksradio fand. 1980 mußte Fripp abdanken, und The
Roches nahmen noch ein letztes Mal all ihren Mut zusammen und
packten, was sie von Fripp gelernt hatten auf eine Platte, von der
ich heute noch jeden schrägen Chorus mitsingen kann: 'Nurds'.
Auf dem Cover recken die drei Schwestern
ihre Allerrundesten kess in Richtung Kamera, sehr sexy, dazu wird
hinauf- und hinunter tirilliert, daß es eine Freude ist, den Songs
über das Schicksal Lou Reeds, das wohlfeile Leben der Boat People
oder einer Cole-Porter-Schmonzette zu lauschen. 'Nurds' ist ideal
als Vorbereitung auf einen handfesten Tratsch-Abend. Oder falls jemand
von der Callas schwärmt. Oder wenn einer in den Gesangsverein latscht,
wegen der Geselligkeit: "You have serious taste. You make me sob." |
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THE ROCHES
'Nurds' (1980)
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