|
Vielleicht mußte Deutschland erst durch seine Technophilie
Aufsehen erregen, vielleicht war es die verzweifelte Suche der britischen
Hipster nach neuen rhythmischen Stimuli, die Mitte der neunziger Jahre
ein ebenso plötzliches wie unerwartetes Interesse an Krautrock in
all seinen Ausprägungen aufflackern ließ: Jedenfalls schien eine ganze
Riege deutscher Gruppen nur darauf gewartet haben, die losen Enden
der deutschen Elektronik-Pop-Vergangenheit aufzunehmen und mit den
Trends der neunziger tanzdielenkompatibel zu verknüpfen. Leicht wäre
es inzwischen, ein Buch mit 101 Besprechungen hiesiger Elektronika-CDs
zu füllen, aber da für diese strengste aller Sammlungen nur das allerbeste
gut genug ist, zaubere ich 'The Goings of an Offer' aus dem
Hut, das Resultat einer Zusammenarbeit zwischen Kai Althoff und Justus
Köhnke, der mit Whirlpool Productions ein zweites, ebenso aufregendes
wie kommerziell erfolgreiches Projekt am Laufen hat und trotzdem Zeit
findet, in einer orange ausgekleideten Bar zu Köln seltsame Hammond-Platten
aufzulegen. Das Duo nennt sich Subtle Tease und vereint Verspieltheit
mit Ernsthaftigkeit, Elektronik mit instrumentalem Handwerk, Kiffen
mit Psychedelik oder - wie das Cover andeutet - Pseudo-Sci-fi mit
Buntstift-Akuratesse. Die Rhythmen humpeln wie ein einbeiniger Seemann
über Deck; Schlaginstrumente übernehmen melodische Funktion und laden
unausgebildete Stimmen zu vertrackt anmutenden Arrangements. Dazu
fiepst und piepst es aus den Bit-Abgründen der synthetischen Klangerzeuger
bis das Laufwerk raucht.
Nun könnte man das gelegentliche Chaos
und das unersättliche Übereinanderschichten von Klängen und Bandspuren
als orientierungslosen Quatsch abtun: Doch da schlägt der Programm
gewordene Name der Band zu, und die Musik gerät zur subtilen Plage,
zur unvergeßbaren Lektion in Sachen Pop: Die Killer-Kenner spielen
alle Platten dieser Welt auf einmal ab. |
73
SUBTLE TEASE
'The Goings of an Offer' (1997)
Genrecheck:
Krautrock
|