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Nach den Violent Femmes begannen die achtziger Jahre: Punk
in den USA kristallisierte aus, erstarrte zu Henry Rollins und College
Radio. Okay, da waren ein paar interessante Neo-Traditionalisten
und ein paar Irre wie Bob Mould oder J Mascis. Aber bis Grunge losgetreten
wurde, hatte dieser Alternativrock aus Amiland doch immer so einen
Beigeschmack, als würde man auf Staniolpapier beißen. Nirvana
und deren Freunde aus Seattle haben mir persönlich nichts gegeben,
schließlich bin ich ja Schweizer und von daher niemals Teil einer
Generation X oder ein Slacker oder sowas. Aber eine CD erschien
doch unter dem Signum "Grunge", die mich sofort zur Luftgitarre
greifen läßt, imaginäres Haar locker der Schwerkraft überantwortet,
Rücken nach vorne gebeugt und am nicht vorhandenen Spitzbärtchen
gekrault: Soundgarden detonierten mit 'Badmotorfinger'
wie eine Echogranate in der Disco. Und aus den herumliegenden Fetzen
Fleisch wurde ein neues Frankensteinmonster gebastelt, ein wenig
Black Sabbath, eine Portion Neil Young, eine Prise Pixies,
ein Haufen Grand Funk Railroad oder Deep Purple, grobe
Nähte an Hals und Armen, fette Schrauben durch den Nacken, üble
Schrammen am Kopf, aber wenigstens nichts drin außer bubihaften
Weltverschwörungsphantasien, die mit einer Ernsthaftigkeit herausgebrüllt
werden, wie sie nur Pop legitimiert. Alles andere wäre klinisch.
Einerseits. Und dann wohnte in diesem klobigen Monster doch so etwas
wie Musik, die man so noch nie gehört hatte und ein Witz, eine faszinierende
Sicht der Dinge, die Trendgeschwätz und Medienrummel gut überstanden
haben. Laute Musik. Große Kunst.
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SOUNDGARDEN
'Badmotorfinger' (1991)
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