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Abteilung 23 (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3 : 4 : 5 : 6
  Kim Fowley ist der Apokalyptische Reiter der Popgeschichte. Wo er auftaucht, als Musiker, als Produzent, als Impressario oder Manager, da bleibt kein Stein auf dem anderen. Also war der Erfolg beschlossene Sache, als Fowley in den frühen siebziger Jahren anfing, in einem Reihenhausgarten in Boston zu kampieren, um die Musik der Modern Lovers aufzunehmen und zu intergalaktischem Ruhm zu führen. Aber 1972 wurde nichts daraus und 1976 auch nicht. Und als Jonathan Richman, der vom Velvet-Underground-Klon zum Sesamstraßen-Charakter mutierte Prophet einer modernen Welt, zu Beginn der achtziger eine Art Solokarriere anstrebte, hat er in deren Verlauf vielleicht ein paar tausend Herzen gebrochen und zur Gründung von ein paar hundert Bands angestiftet, aber seine Hand hat Richman immer noch nicht in den feuchten Zement auf dem Sunset Boulevard drücken dürfen. Höchstens als Hilfsarbeiter. Dabei ist diese 99. Platte im gerammelt vollen Musterkoffer wie ein Sonnenstrahl in einem finsteren New-Wave-Keller. Die seligmachende Wirkung von Prozac, erzielt durch Musik. Richman verweigerte sich einfach den Ansprüchen an einen Erwachsenen: Er blieb ein Teenager, ein Kindskopf, ein Träumer. Er verdammte sich in unser aller Namen, mit der viel zitierten ewigen Jugendlichkeit ernst zu machen. So hat seine künstlich induzierte Naivität immer auch etwas Morbides, Dekadentes. Und diese denkbar einfachen Lieder über eheliche Treue, die Gedanken eines Kleinkindes oder Erinnerungen an glückliche Sommerferien, die Jonathan Richman auf 'Jonathan Sings!' für seine kindische Kundschaft ausbreitet, erinnern auch immer an die ersten Sequenzen in Horrorfilmen, wo alle noch lachen und durch das Sonnnenlicht brausen bei offenem Verdeck und keiner ahnt, daß auf der nächsten Brücke Leatherface wartet.
     Wie der von Richman so verehrte Harpo Marx besaß und besitzt Richman die Fähigkeit, diesen zwiespältigen Nichtigkeiten, genannt Songs, einen inneren Glanz zu verleihen. Und dieser Schimmer des Glücks reicht, psychotische Schatten beiseite, um ein Stück Musikgeschichte wieder lebendig werden zu lassen, in der das perfekte Glück nie länger als drei Minuten dauerte.

99
JONATHAN RICHMAN
'Jonathan Sings' (1983)

 

 

 

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